Rezension

Der faule Gott wollte einen Engel

Ein fauler Gott - Stephan Lohse

Ein fauler Gott
von Stephan Lohse

Bewertet mit 5 Sternen

….Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
eine Kachel aus meinem Ofen schenken.
Ich habe dir nichts getan.
Nun ist mir traurig zu Mut.
An den Hängen der Eisenbahn
leuchtet der Ginster so gut…..

Ich weiß nicht, ob es dieses Gedicht von Joachim Ringelnatz ist, an das sich Ruth erinnern muss, als sie Ginster für das Grab ihres Sohnes Jonas wählt. Ich musste sofort daran denken und ich liebe dieses Gedicht. Genau so habe ich Ein fauler Gott von Stephan Lohse zu lieben gelernt.

Gott hat einen Engel gebraucht, doch musste dieser gerade Jonas sein. Fauler Gott.

Es ist Sommer 1972, Ben ist gerade einmal elf Jahre alt, als sein achtjähriger Bruder Jonas an der SACHE verstirbt. Dann sind nur mehr er und Mami übrig. Pappi ist ausgezogen, er lebt jetzt bei einer anderen Frau und kümmert sich nur um mehr das geldliche. Ben bemüht sich pünktlich zu sein, seine inneren Regale nicht in Unordnung zu bringen und will Mami keine Sorgen machen.
Während Ben zum Jugendlichen heranwächst, wird seine Erinnerung an Jonas diffuser, er schließt Freundschaft mit seinem Mitschüler Chrisse und Herrn Gräber, mit dem er abenteuerliche Reisen unternimmt, wird geküsst, liest Winnetou, beweist Mut und leistet Geburtshilfe.

Seine Mami Ruth hingegen kann dem Leben nichts Positives abgewinnen. Nicht jeder Tag ist ganz schlecht, aber trotz allem, den eigenen Tod sterben wir, den Tod unserer Kinder müssen wir leben.

Lohse schafft es sehr einfühlsam, sich sowohl in die Gedanken des elfjährigen Bens als auch die seiner trauernden Mutter Ruth zu versetzen. Auch wenn mich manche Zeilen beinahe zu Tränen gerührt haben, wird die Geschichte niemals kitschig. Bens kindlich naive Denkweise konnte mich sogar immer wieder zum Schmunzeln bringen. Es geht beileibe nicht nur um Trauer, sondern viel mehr auch um Liebe, Hoffnung, Zuversicht und Mut. Mich hat das Buch sehr berührt und ich habe ein paar Tage verstreichen lassen müssen, um die richtigen Wort dafür zu finden. Dies ist einfach eines dieser Bücher, das ich nach dem Lesen nicht einfach zuklappen und wegstellen konnte, ohne es vorher noch ein bisschen im Arm zu halten.