Rezension

Die Chroniken eines Gesetzlosen

Der Paria -

Der Paria
von Anthony Ryan

Ein Muss für Fans von Patrick Rothfuss' Der Name des Windes und Bernard Cornwells Das letzte Königreich

Im Königreich Albermaine wächst der junge Alwyn Scribe als Gesetzloser auf und mit seinem scharfen Verstand und dem geschickten Umgang mit der Klinge hat er sich schon oft als wertvolles Mitglied von Deckin Scarls Diebesbande erwiesen. Er genießt seine Freiheit, Deckins Gunst und das Leben im Wald. Bis ein schrecklicher Verrat Alwyns Schicksal in unvorhergesehene Bahnen lenkt und sein Leben fortan nur noch vom Wunsch nach grausamer Vergeltung bestimmt wird.  

Der Paria ist der Auftakt zur neuen Trilogie von Fantasy-Meister Anthony Ryan und hat mich in mancherlei Hinsicht überraschen können. Ich schätze ich war eingestellt auf eine Geschichte, die sich auf „die übliche Weise“ entfaltet, in der man als Leser in Echtzeit miterlebt, was den Charakteren widerfährt. Doch hier ist man nah dran und doch gleichzeitig fern. Was ich fand, war eine Art Chronik von Alwyn Scribes Leben, intensiv und intim durch den starken Ich-Erzähler. Alwyn blickt auf sein Leben und seine Entscheidungen zurück, lässt die Ereignisse, die ihn geformt haben, Revue passieren und nimmt den Leser mit auf eine Reise in seine Vergangenheit. Oft fühlte es sich an, als würde ich neben ihm sitzen, gemeinsam zurückblicken, während er seine Geschichte erzählt, aber es gab auch diese starken Momente, in denen ich mich mitten ins Geschehen versetzt fühlte, als wäre ich hautnah dabei. In meinen Augen ist das Buch wirklich großartig geschrieben, aber ich glaube auch, dass es stark von der persönlichen Präferenz abhängt, ob man mir da zustimmen würde, oder nicht. Alwyn ist eine sehr makelbehaftete Figur, hat einen starken Hang zum Zynismus und bringt eine gewisse Kaltschnäuzigkeit mit, was alles in seiner Erzählweise durchklingt. Auch entwickelt sich die Handlung durch den Tagebuch anmutenden Charakter um einiges langsamer, als man allein aufgrund des Klappentextes vielleicht erwarten könnte. Das ist zweifellos vom Autor gewollt, aber ob das gelungen ist, hängt sehr vom Leser ab.

Neben Alwyn, der mir persönlich sehr gefallen hat, gab es noch einige weitere denkwürdige Nebenfiguren, die allesamt entscheidenden Einfluss auf dessen Entwicklung und Werdegang hatten. Durch den Filter der Ich-Perspektive bleiben einem einige Aspekte dieser Charaktere (noch) verborgen, aber sie alle wirken sehr komplex und bringen ihre eigenen moralischen oder religiösen Überzeugungen und Ziele mit. Auf die ein oder andere Weise haben sie alle die Geschichte bereichert und ich bin sehr gespannt in den Fortsetzungen hoffentlich mehr über einige dieser Figuren zu erfahren.

Auch wenn Der Paria ins High-Fantasy Genre gehört, fällt das Buch nicht gleich mit der Tür ins Haus, was die Fantasy Elemente angeht. Albermaine hat einen starken mittelalterlichen Charakter und der erzählerische Fokus liegt auf Elementen wie Religion, Freiheit, Gerechtigkeit und politischen Machtspielen. Magische Komponenten bleiben zumindest in diesem Teil bestenfalls eine wage Andeutung. Auch die Actionszenen sind in diesem Buch ein seltenes Gut, dafür sind jedoch die Kampfszenen, die es gibt, unglaublich beeindruckend. Mitreißende Kampfesreden, atemlose Spannung und lebendige, chaotische und blutige Kampfsequenzen.

Meiner Meinung nach ist Der Paria eine fesselnde, langsame aber gut ausbalancierte Erzählung mit einem Erzähler, der reich an Persönlichkeit und Wiedererkennungswert ist und fühlt sich in vielerlei Hinsicht wie der Grundstein für eine vielversprechende Reihe an.