Rezension

Die Geschichte von Dunkelblum. Lesehighlight.

Dunkelblum -

Dunkelblum
von Eva Menasse

Bewertet mit 5 Sternen

Dicke Leseempfehlung! Mein Lesehighlight 2021. Eva Menasse ist noch besser als ihr Bruder Robert.

Im Zweiten Weltkrieg gab es auch in Dunkelblum jüdische Zwangsarbeiter. Diese sind wie durch Zauberhand verschwunden. Wo sind ihre Leichen verscharrt? Die alten Dunkelblumer wissen Bescheid. Aber keiner machts Maul auf. Trotzdem kommen eines Tages Einzelheiten ans Licht und versetzen die Alten in Angst und Schrecken. Was wird noch heraus kommen? Besonders die Rotensteinwiese ist ein heißes Pflaster. Der Bürgermeister wird angewiesen, er möge Grabungen und Bebauungen dort unbedingt verhindern. 

In dem oberflächlich betrachtet beschaulichen Dorf brodelt es unter der Oberfläche. Gerüchte. Alte Gschichten. Ungeklärtes Verschwinden Missliebiger. Schlecht vertuschte Strafaktionen. Von der NSZeit spricht man kryptisch. Man ist homophob, antisemitisch bis in die Knochen und xenophob bis ins Mark. Da kommt eine Jugendgruppe ins Dorf, die den jüdischen Friedhof renoviert. Jahrzehntelang hat niemand mehr diesen „dritten Friedhof“ betreten. Und nun stehen dessen Tore plötzlich offen und die Existenz dieser toten Juden sickert wieder ins öffentliche Bewusstsein. Und im Wasserstreit drohen Bohrungen. Und wo? Auf der Rotensteinwiese. Ausgerechnet. Um Himmels Willen! 

Der Kommentar: 
In ihrem neuen (2021) Roman „Dunkelblum“ schreibt Eva Menasse gegen die österreichische Geschichtsvergessenheit an. Eigentlich gegen die österreichische Geschichtsverdrängung bezüglich der Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Das hat auch Raphaela Edlelbauer in ihrem Roman „Das flüssige Land“ gemacht, der Roman schaffte es auf die Longlist/Shortlist des Deutschen Buchpreises 2019. Wo auch Eva Menasses Roman „Dunkelblum“ 2021 hingehört hätte! Warum stehen dort eher alberne Titel wie Identitti, Drei Kameradinnen und Die Nibelungen?

Welchen der beiden vorgenannten Romane man vorzieht, „Dunkelblum“ oder „Das flüssige Land“, um noch einmal in die Hintergründe der Gräuel des Zweiten Weltkrieges einzusteigen, ist eindeutig Geschmacksache. Für mich ist Edelbauers Roman zu kafkaesk und zu unbestimmt geblieben, geisterhaft sogar, ich brauche etwas Handfesteres. Ich mag deshalb ungleich mehr, was Eva Menasse macht: Sie verortet ihren Roman mutig im Realen! Zwar nennt sie keinen Klarnamen, aber wer sich eine Karte vornimmt, identifiziert Ross und Reiter schnell. 

Fazit: Geschichtsaufarbeitung auf höchstem Niveau. Eva Menasse ist eine große Erzählerin, die alles kann: Eine Sprachvirtuosin und Komponistin ohnegleichen. Ich empfehle diesen Roman von ganzem Herzen. Mein Lesehighligt 2021!

Kategorie: Belletristik. Historischer Roman.
Verlag: KiWi, 2021