Rezension

Die Suche nach dem, was vom Vater bleibt

Das Marterl -

Das Marterl
von Johannes Laubmeier

Bewertet mit 5 Sternen

absolut empfehlenswert

Der Erzähler besucht 10 Jahre nach dem tödlichen Verkehrsunfall des Vaters den Ort seiner Kindheit in Niederbayern, um sich an seinen Vater zu erinnern und dessen Tod zu verarbeiten. Im Klappentext heißt es: „Die Erinnerung hat ihre eigenen Gesetze. Je länger etwas zurückliegt, desto stärker tritt es einem vor Augen. So geht es dem Erzähler mit seiner Kindheit in der niederbayerischen Kleinstadt A., die abrupt endete, als sein Vater bei einem Unfall starb. Um neu beginnen zu können, muss er sich der Vergangenheit stellen, den Wundern und Schrecken, den Torheiten und der Verklärung.“

Johannes Laubmeier, Jahrgang 1987, wuchs in Niederbayern auf, studierte Journalistik in Eichstätt und Sozialanthropologie in Cambridge. „Das Marterl“ ist sein Debüt.

Das Cover zeigt „den Jungen“ als Meeresforscher mit Taucherbrille und Regenjacke an einem niederbayerischen Bahnhof, eine der wunderbaren Erinnerungen an die Kindheit und den Vater.

Johannes Laubmeier wählt für seinen autofiktionalen Roman verschiedene Erzähl- und Zeitebenen. Die Fakten werden nüchtern aufgezählt, die Erinnerungen des kleinen Jungen in einer im angemessenen Sprache wiedergegeben. Der Erzähler lässt seine Leser an seinen Gefühlen, an seinen Erlebnissen und den Ereignissen nach seiner Heimkehr teilhaben. Der Erzähler versucht, sich den Geschehnissen, dem Unfall anzunähern und ihn zu verstehen. Dazu tragen Gegenstände aus dem Besitz des Vaters bei, die Erinnerungen wecken, Trauerkarten, die die Mutter aufbewahrt hat, ein Besuch beim Gutachter, der den Unfallhergang untersucht hat und auch die Befragung eines Zeugen, der in der Nähe des Unfallortes wohnt.

Dem Autor gelingt es, die Atmosphäre der Kleinstadt, die örtlichen Gegebenheiten und seine Suche detailliert zu beschreiben. Die Sprache ist klar, lebendig, teilweise poetisch. Immer wieder gibt es Sätze, die sehr nachdenkenswert sind. Gedichte und -fragmente von Charles Olson, die im Original zitiert werden, zeigen auf eine ganz besondere Weise die Gefühle des Erzählers. In meinen Augen ist eine Übersetzung nicht nötig, denn die Originale haben eine stärkere Wirkung.

Fazit: ein absolut lesenswertes Debüt