Rezension

Die Welt sehen durch ein Nadelöhr

Der Junge, der mit dem Herzen sah
von Virginia Macgregor

Klappentext:
Der neunjährige Milo leidet unter Retinitis pigmentosa: Sein Sehvermögen lässt immer stärker nach, und irgendwann wird er vollständig erblinden. Aber noch sieht er die Welt – wenn auch nur wie durch ein Nadelöhr. Doch so bemerkt er Kleinigkeiten, die anderen entgehen. Als seine 92-jährige Großmutter dement wird und in ein Altersheim umziehen muss, fallen Milo dort seltsame Vorgänge auf. Die Erwachsenen interessieren sich für Milos Erkenntnisse nicht, und so bleiben ihm nur der Koch Tripi und sein Ferkel Hamlet, um ihm bei seiner Mission zu helfen. Milo ist nämlich entschlossen, seine Großmutter wieder nach Hause zu holen, die Machenschaften der Heimleiterin offenzulegen und – vielleicht – seine Eltern zu versöhnen.

Die Autorin:
Virginia Macgregor ist in Deutschland, Frankreich und England aufgewachsen, erzogen von einer Mutter, die nie müde wurde, Geschichten zu erzählen. Sobald Virginia alt genug war, selbst einen Stift zu halten, begann sie mit dem Schreiben, oft bis tief in die Nacht hinein – oder in der Schule, versteckt hinter dem Mathebuch. Virginia wurde benannt nach zwei großen Frauen, Virginia Wade und Virginia Woolf – in der Hoffnung, sie würde entweder Schriftstellerin oder ein Tennisstar werden. Nach ihrem Studium in Oxford begann sie, neben ihrem Beruf als Englischdozentin und Hauslehrerin, regelmäßig zu schreiben. Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann in Berkshire.

Meine Meinung:
Milo sieht seine Welt nur noch durch ein Nadelöhr. Er leidet unter einer Augenkrankheit, die sich Retinitis pigmentosa nennt. Der kleine, neunjährige Junge ist überaus sensibel, sein bester Freund ist sein Schweinchen Hamlet, das, sehr zu seinem Missfallen, in der Garage untergebracht ist. Dass sein Mutter Sandy überhaupt die Haltung erlaubt, ist schon ein kleines Wunder. Denn sie scheint momentan absolut überfordert. Milos Vater hat sich in einer andere Frau verliebt, ihre Arbeit lässt sie keine großen Sprünge machen, so wenig verdient sie, und dann zündelt Großmutter Lou auch noch in der Küche herum, woraufhin sie ins "Vergissmeinnicht"-Heim verfrachtet wird.
Milo ist mehr als unglücklich, hat er sich doch bisher um seine geliebte Großmutter trotz seiner Sehschwäche immer gekümmert. Weihnachten steht vor der Tür, was gäbe es das Besseres, als dass sie alle wieder unter einem Dach leben würden? Als wäre das noch nicht genug, bemerkt Milo, dass in dem angeblich fast schon perfekten Heim merkwürdige Dinge passieren. Schwester Thornhill regiert mit eiserner Hand, und scheint recht wenig für die BewohnerInnen übrig zu haben.
Bildet Milo sich nur alles ein? Gemeinsam mit dem Koch Tripi schmiedet er einen Plan, die Machenschaften der eiskalten Schwester aufzudecken. Wird es ihnen gelingen?

Der Titel "Der Junge, der mit dem Herzen sah" passt zu dieser Geschichte sehr gut, denn Milo sieht wirklich mit dem Herzen, das seine Gran unbedingt zu Hause sehen möchte. Er will, dass es ihr gut geht und sie noch eine schöne Zeit hat.
Mir gefiel, dass es vordergründig darum ging, die Zustände in dem Altenheim aufzudecken, Milos Krankheit wurde kaum thematisiert, und das zeigt schon, welch kämpferischer Junge er war. Für ihn waren seine Großmutter und Hamlet (süß) wichtiger als alles andere.
Seine Mutter Sandy, 26, hat auch kein leichtes Los. Sie versucht, Milo eine gute Mutter zu sein, scheitert ständig am Alltag, weil sie sich auch selbst bemitleidet, anstatt ein neues Leben anzufangen - aber das will erst einmal gelernt sein. Das kann jedem so ergehen, bei dem es nicht rund läuft.
Der Koch Tripi hat eine etwas andere Geschichte zu erzählen, denn er ist illegal in Slipton. Und er sucht verzweifelt jemanden.
Alles in allem war das Buch sehr unterhaltsam, hatte aber auch einige Schwächen. Besonders das Ende war etwas zu viel des Guten, zu geballt. Dadurch, weil viele Figuren mitmischten, mussten die Handlungen zusammengeführt werden, die etwas überladen wirkten.

Was mir nicht gefallen hat, war, dass man ständig das Gefühl hatte, in dem Heim gab es nur zwei Schwestern und einen Koch. Ständig waren die Gänge ausgestorben, keine Verwandten haben Notiz von den den Zuständen genommen. Natürlich, man kann nicht alles sehen, aber das war ziemlich unglaubwürdig, dass absolut keiner etwas mitbekommen hat und nie jemand zu Besuch da war.

Der Schreibstil war sehr angenehm und die Botschaften, die die Geschichte bereichtert haben, rundeten die Erzählung ab.

Insgesamt gebe ich 3,5 Sterne.