Rezension

Dieser Roman hat mir weh getan

Vom Ende der Einsamkeit - Benedict Wells

Vom Ende der Einsamkeit
von Benedict Wells

Bewertet mit 5 Sternen

Jules und seine Geschwister stehen von einem Moment auf den anderen ohne Familie da. Ihre Eltern sterben bei einem Unfall und fortan quält sich jeder für sich durch’s Leben, während ihnen die Einsamkeit an der Seele nagt.

„Vom Ende der Einsamkeit“ ist ein äußerst aufwühlender Roman von Benedict Wells. Der Autor behandelt die bedeutungsvollen Themen des Lebens wie Familie, Zugehörigkeit und selbstverständlich die ganz große Liebe.

Die Geschichte beginnt vor dem Unfall und führt den Leser an das glückliche Familienleben der Moreaus heran. Protagonist Jules erzählt vom Erleben des familiären Alltags, dem Verhältnis zu seinen älteren Geschwistern Liz und Vincent, den Freuden und den Sorgen, die manchmal die Sonne trüben. 

Von Anfang an bewegt sich der Erzählweg auf den alles verändernden Unfall der Eltern zu. In einem Moment war ein ärgerlicher Zwist mit dem Vater wichtig, im nächsten Augenblick hat sich alles verändert.

Daraufhin reißt es Jules, Liz und Vincent auseinander, wobei die Frage im Raum steht, ob sie jemals aneinandergebunden waren. Der Autor spannt den Roman bis zum Ende der Einsamkeit, die in seinem gesamten Werk deutlich den Ton angibt.

Jules steht als erzählende Figur im Vordergrund und der Leser begleitet ihn auf seinem Weg. Man ist dabei, als er sich im Internat mit den älteren Jungs anlegt, später von Job zu Job driftet und die große Liebe findet, die ihm das Leben womöglich verwehrt.

Benedict Wells hat einen tragischen, aufwühlenden Roman geschrieben, der arg an meiner Seele nagt. Das trübe Schicksal, das mit dem Unfall der Eltern in Jules Leben Einzug hält, beutelt ihn durch, drückt ihn nieder und nimmt das Zepter über alle Lagen in die Hand. Es gibt kaum unbeschwerte Momente oder ausgelassene Hochgefühle, sondern er sinniert über sein Leben, treibt durch die Tage, verliert sich in Jahren, bis er der Einsamkeit entrinnt.

Einerseits ist Jules Leben tragisch und traurig, andrerseits entspricht es meinem Gefühl nach dem berühmten Päckchen, das jeder Mensch auf seine Weise zu tragen hat. 

Ich war absolut gefesselt und mitgerissen, und dieser Roman hat mir weh getan. All die Wunden, die niemals verheilen, manchmal aufreißen, notdürftig zusammengeflickt bis zum nächsten Schlag halten, werden in ruhigem Ton und unaufgeregt beschrieben, während aus jeder Seite pure Einsamkeit dringt. 

Trotz der deprimierenden Stimmung gibt es einen Lichtblick, weil Wells Hoffnung durchschimmern und die Einsamkeit zu Ende gehen lässt.

Der Autor schreibt gefühlvoll, emotional, teilweise mit einem Hang zum Pathetischen, was insgesamt ausgezeichnet ins Gesamtbild passt. 

Für mich ist „Vom Ende der Einsamkeit“ ein ganz großer Roman, der mich aber dermaßen getroffen hat, dass ich auf weitere Werke des Schriftstellers verzichte. Wer die emotionale Stabilität aufweist, sich der grausamen Einsamkeit hinzugeben, dem rate ich zu diesem Buch, worin man letztendlich Geborgenheit finden mag.