Rezension

Ein grotesk-magischer und tief berührender Roman über die Liebe

Das größere Wunder - Thomas Glavinic

Das größere Wunder
von Thomas Glavinic

Bewertet mit 5 Sternen

Jonas ist ein Mensch, der in seinem Leben immer schon seine Grenzen ausgelotet hat und nun befindet er sich mitten im Aufstieg auf den Mount Everest. Eine Expedition, die von ihren Teilnehmern alles abverlangt – in physischer und besonders auch psychischer Hinsicht. Jonas nimmt allein teil und schon bald hängt er seinen Erinnerungen nach. Beginnend in seiner Kindheit mit alkoholabhängiger Mutter und behindertem Zwillingsbruder wird nun dem Leser Jonas‘ Lebensweg erzählt, im Wechsel mit beeindruckenden und fesselnden Szenen der Besteigung des Mount Everest in der Gegenwart.

Der Lebensweg von Jonas ist alles andere als normal. Er selbst ist ein hochintelligentes Kind und wächst schon bald im wohlhabenden Hause seines besten Freundes Werner auf – unter der Obhut von Werners Großvater Picco. Die Jungs sind übermütig und bereits damals gehen sie an Grenzen und sind nahezu furchtlos. Gleichzeitig ist Jonas bereits als Kind jemand, der das Leben hinterfragt. Er macht sich Gedanken über die Welt und das Sein und über sich selbst. Nicht zuletzt einige furchtbare Schicksalsschläge machen ihn zu einem sehr einsamen Menschen, der jahrelang in der großen Welt nach sich und nach Liebe sucht. Nach dem „größeren Wunder“.

Glavinic hat mit diesem Roman eine magisch anmutende Geschichte erschaffen, in der er ununterbrochen auf dem Grat zwischen Märchenhaftem und Realität balanciert. Ereignisse, die grotesk und übertrieben daherkommen und manches Mal erschreckend sind, wechseln mit tief berührenden, philosophischen Szenen. Glavinic schreibt wunderbar fließend und bildhaft, aber er spielt auch oft mit der Sprache - ganz besonders ausgeprägt ist dies auf den letzten Seiten des Romans – großartig! Der Wechsel von Gegenwart und Erinnerung sorgt für stets bleibende Spannung. Die Besteigung des Mount Everest ist sehr beeindruckend & atmosphärisch dicht dargestellt.

Fazit: Mein erster Glavinic war für mich ein wahrer Glücksgriff. Die Art und Weise, wie der Autor zwischen Realität und Fiktion hin und her wechselt, erinnerte mich im Nachhinein an J.Irving und dieser Stil gefällt mir sehr ;-) Durch diese oftmals enormen Übertreibungen, durch die ewige Rastlosigkeit des Protagonisten kommt eines am Ende umso stärker zur Geltung: die Liebe ist es, die uns ein Zuhause gibt in uns selbst. Sie ist das eigentliche „größere Wunder“. Kitsch? Okay, ein klein bisschen vielleicht – aber toll!!! 

Kommentare

parden kommentierte am 16. März 2015 um 16:09

Das Buch wartet hier geduldig aufs Gelesenwerden. Die ganzen begeisterten Rezensionen machen mir ein bisschen Angst - hoffentlich hält der Roman, was ich mir inzwischen davon verspreche!

Naibenak kommentierte am 16. März 2015 um 20:56

Ach ich glaube, die Meinungen zu diesem Buch gehen durchaus auseinander. Dies hier ist für Glavinic-Verhältnisse sehr "positiv" bzw. auch etwas kitschig ;) (im Vergleich zu seinen anderen Büchern - was ich so gehört habe...). Mich hat es definitv geflasht - aber es ist eben immer alles Geschmacksache ;) Bin auf Deine Meinung aber sehr gespannt!!!

Salome kommentierte am 18. Dezember 2015 um 10:37

Ich habe das Buch auch gelesen und ich fand es auch wunderbar!!!