Rezension

Ein interessantes Leben; die Abenteurerin

Die Aufrechte -

Die Aufrechte
von Claudius Crönert

Bewertet mit 4 Sternen

Claudius Crönert hat sich mit dem Leben von Felicitas von Reznicek beschäftigt. Herausgekommen ist ein Roman, der sich an ihr Leben im dritten Reich anlehnt, aber an einigen Stellen mit Ideen des Autors gefüllt wurde.
Das Buch ist bei Gmeiner erschienen, ist gewichtig und wird von einem schwarz weiß Photo von Felicitas (Fee) beherrscht.
Es soll ein Roman aus dem Widerstand sein, auf der Rückseite steht 'Zivilcourage in einer düsteren Zeit'. Ich war sehr gespannt auf das Buch, vor allem da ich von Felicitas noch nie gehört hatte, obwohl ich mich mit dem Widerstand im 3. Reich ein bisschen auskenne.

Felicitas von Reznicek ist die Tochter des Dirigenten und Komponisten Emil Nikolaus (EN) von Reznicek. Sie wuchs in Künstlerkreisen auf und wurde Journalistin.
1933 wird die jüdische Abstammung ihrer Mutter ein Problem, als Fees Bruder einen Ariernachweis erbringen muss. Er ist 1930 in die Partei eingetreten; das alles führt fast zum familiären Zerwürfnis.
Da Fee für und mit ihrem Vater viel reisen darf, bietet sie sich als Kurier für Informationen an. Sie lernt Rudolf Pechel, der im Widerstand tätig war und 1942 verhaftet wurde, kennen und beginnt für ihn zu arbeiten. Mit Fritz Wiedemann, Adjudant Adolf Hitlers beginnt sie ein Verhältnis. Dessen Frau lebt nicht in Berlin, so dass es Gelegenheit für Treffen gibt. Wiedemann ist kein Kind von Traurigkeit und hat mindestens mit einer weiteren Frau eine lange andauernde Beziehung. Als er Hitlers Vertrauen verliert, wird er ins Ausland abgeschoben (Generalkonsul in San Francisco) und distanziert sich in der Folge von Hitler und vom Regiem.
Das Buch behandelt Fees familiäre Umstände, ihre Tätigkeit im Widerstand, das Verhältnis zu Wiedemann und lässt viele Einblicke in das tägliche Leben während des 2. Weltkrieges zu.
Der Roman lässt sich trotz des schwierigen Themas sehr gut lesen und hat mich von Anfang an mitgenommen. Mir fehlte ein Inhaltsverzeichnis und greifbare Kapitelüberschriften. Mit Fee als Person bin ich nicht warm geworden. Sie hat als ausgebildete Journalistin das Handwerkszeug, ihr Leben während der Nazi Diktatur im rechten Licht erscheinen zu lassen. Ich denke, dass ihren Handlungen häufiger der Reiz des Abenteuers zugrunde lag als ein hoher moralischer Kompass. Zudem deutet sich im Buch an, daß die Aktivitäten nicht unbedingt von Erfolg gekrönt waren. Umso schwerer lässt sich das alles recherchieren.
Für mich wäre es besser gewesen, wenn es Fee als Person so nicht gegeben hätte; da auch ihr Bild auf dem Titel ist und viele Details ihres Lebens stimmen, konnte ich mich von ihr nicht lösen. Trotzdem:
Wer statt vieler Lehrbücher eine verdichtete, gut recherchierte Beschreibung eines möglichen Lebens im dritten Reich lesen möchte, der wird dieses Buch sehr gut finden. Von mir gibt es 4 Sterne.