Rezension

Ein Leben am anderen Ende der Welt

Die Bucht des blauen Feuers - Micaela Jary

Die Bucht des blauen Feuers
von Micaela Jary

Erst nach dem Emmas Vater bei einem Unfall zu Tode kommt, erfährt sie, dass ihre Mutter nicht, wie sie immer geglaubt hatte, tot ist, sondern dass sie in Südwestafrika lebt. Im Nachlass ihres Vaters findet sie an sich adressierte Briefe ihrer Mutter, die sie nie zu Gesicht bekommen hat.
Während sie noch überlegt, wie es mit dem Fotoatelier ihres Vaters weiter gehen soll, lernt sie die Pianistin Dorothee von Hirschberg kennen. Diese will mit ihrem Vater nach Südwestafrika fahren, um dort von ihrer Krankheit zu genesen und Konzerte zu geben. Da sie dort ihre Reise mittels Fotos dokumentieren möchte, fragt sie Emma, die ebenfalls etwas von Fotografie versteht, ob sie nicht gemeinsam die Reise machen wollen.
Auf dem Schiff lernen sie Manfred von Paschen kennen, der beide Frauen nachhaltig beeindruckt, obwohl er viel älter als sie beide ist. Er und Ernst Keller haben ihre eigenen Gründe, die Fahrt nach Südwestafrika anzutreten ...

Wieder einmal mehr versteht es die Autorin Micaela Jary, den Leser mit ihrem Roman zu fesseln und ihn in eine unbekannte Welt vergangener Zeit zu entführen.
Ihr Roman führt den Leser ins Jahr 1909, beginnend in Berlin und mit dem Tod von Emmas Vater. Nachdem es ein Kennenlernen der Protagonisten gab, wurde der Schauplatz auf ein Schiff verlegt, welches sich auf den Weg nach Deutsch-Südafrika, dem heutigen Namibia, befindet. 
Beide Frauen verlieben sich in den undurchsichtigen Manfred von Paschen, aber welches Spiel genau er spielt, ist recht lange nicht erkennbar. 

Dann endlich in Südwestafrika angekommen, verläuft das Leben der beiden Frauen nicht so, wie sie es sich erträumt haben, das Schicksal schläft nämlich nicht.

Die Autorin hat auch für diesen Roman wieder wie gewohnt akribische Recherchearbeit geleistet. Mich persönlich hat sie mit Wissen bereichert. Die Kolonialzeit hat mich bisher nicht weiter berührt und schon gar nicht in Afrika.
Aber das Hintergrundwissen, das Micaela Jary hier recherchiert hat, bezüglich der Rohdiamanten, war dann doch schon ausgesprochen interessant. In einem Teil der Welt zu wohnen, wo man sich nur bücken muss, um die Diamanten zu bergen, zieht natürlich nicht nur rechtschaffende Leute an.
Aber auch mit der Welt der Fotografie hat sich die Autorin auseinandergesetzt und lässt den Leser daran teilhaben.

Der Autorin gelingt es mühelos, den Leser in die jeweiligen Örtlichkeiten hineinzuversetzen. Ihre bildliche Wiedergabe macht es dem Leser leicht, sich dort ebenfalls wohl zu fühlen. Berlin in einer längst vergangenen Zeit zu erleben, hat schon etwas faszinierendes an sich, aber erst nach den Beschreibungen von Afrikas Landschaft in der Lüderitzbucht möchte man sich auf den Weg machen, um genau das auch in natura sehen zu können.  

Dieses Buch ist ein fantastischer Roman mit interessanten Charakteren, die immer für eine Überraschung gut sind und der an verschiedenen Handlungsorten spielt, deren Umfeld und Geschichte sehr gut recherchiert wurden.
Ein Buch, das ich für absolut empfehlenswert halte.