Rezension

Ein rundum gelungener Roman, der hält, was er verspricht!

Ein englischer Sommer - Gabriele Diechler

Ein englischer Sommer
von Gabriele Diechler

Bewertet mit 5 Sternen

Der Roman "Ein englischer Sommer" hat mich mit seiner tiefgründigen, feinfühligen Story positiv überrascht, einfach umgehauen. Angezogen durch das im Rosamunde-Pilcher-Stil designte Cover habe ich eine seichte, lockere Geschichte erwartet und wurde doch eines Besseren belehrt. Danke für dieses wunderbare Leseerlebnis!

Worum geht's?
Die 30-jährige Deutsche Annett Neumann erfährt kurz nach der Trennung von ihrem karrieregeilen Freund Ingo vom plötzlichen Tod ihrer geliebten Granny Jetta. Ihre bisher so harmonische Welt gleicht auf einmal einem Scherbenhaufen. Hals über Kopf reist sie nach Stow-on-the-Wold in den Cotswolds, um sich um Jettas Begräbnis und deren idyllisch gelegenes Hotel zu kümmern.

Annett ist eine mutige junge Frau, die nach dem Jurastudium nicht in einer Kanzlei angeheuert, sondern sich als Mediatorin selbstständig gemacht hat. Für diese Entscheidung gab es innerhalb der Bäckerfamilie mächtig Gegenwind, einzig Jetta hatte Verständnis. Doch jetzt lebt sie nicht mehr und hat der Lieblingsenkelin Annett das Hotel vererbt und das brisante Tagebuch der Urgroßmutter Ursel hinterlassen. In dieser schwierigen Zeit mutiert der adlige Landschaftsarchitekt zu Annetts wichtigster Stütze und Lichtblick. Doch er hat mehr als ein Geheimnis.Wird Annett das Hotel weiterführen und in den Cotswolds bleiben? Welche Rolle wird Edward Warrander dabei spielen?

Meinung
Die Autorin Gabriele Diechler hat mich mit ihrem Roman "Ein englischer Sommer" auf ganzer Linie überzeugt. Denn er vereint die Elemente Spannung, Liebe und Historie gleichermaßen in sich. Neben Annetts Geschichte wird auch das dunkle Kapitel der NS-Zeit in Deutschland beleuchtet. Jettas Schicksal kommt zu Sprache und macht betroffenIm Laufe der Handlung wachsen die anfänglich noch getrennten Erzählstränge zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Zudem haben mir sowohl Diechlers Haupt- als auch Nebencharaktere gefallen, was selten vorkommt. Annett und Jetta sind beide starke, eigenwillige Frauen mit menschlichen Fehlern. Auch Edward Warrander ist ein allzu menschlicher Charakter, der den Selbstmord seines Vaters noch nicht vollständig überwunden hat und sich mit Arbeit betäubt. Schön, dass sich mit Annett und Edward zwei Seelenverwandte/Schicksalgenossen gefunden haben. Durch die gemeinsame Zeit, die sie miteinander verbringen, gewinnen sie Tag für Tag wieder Lust am Leben. Feinfühlig, ohne ins Kitschige abzudriften, spürt die Autorin hierbei kleinsten seelischen Wandlungen nach - einfach klasse umgesetzt.

Neben der starken Story sind es die Natur- und Landschaftsbeschreibungen, die mich während des Lesens mitgerissen und Lust auf einen Urlaub in dieser Gegend geweckt haben. Ich konnte mir alles bildlich vorstellen und war regelrecht verzaubert vom Flair der Cotswolds.

Der flüssige, gut verständliche Sprachstil macht das Lesen leicht. Zudem lassen die übersichtlich gestalteten Kapitel mit Zeit- und Ortsangabe Missverständnisse gar nicht erst aufkommen. Mal wird auf Annetts Geschichte im Jahr 2015, dann wieder auf Tagebucheinträge mit wechselnden Daten oder auf Jettas Kindheit um 1944 eingegangen.

Fazit
Absolute Leseempfehlung für Liebhaber von Belletristik mit Tiefgang. Weiter so!