Rezension

Wie ein warmer, erfrischender Sommerurlaub!

Ein englischer Sommer - Gabriele Diechler

Ein englischer Sommer
von Gabriele Diechler

~~Annett ist jung, dynamisch und baut sich gerade in Berlin eine Karriere als Mediatorin auf. Als ihr Freund ihr eines Abends eröffnet, für unbestimmte Zeit nach Amerika umzusiedeln und sie die Nachricht des Todes ihrer geliebten Großmutter Jetta erreicht, bricht für Annett die Welt zusammen und sie reist nach England, um die Angelegenheiten ihrer Großmutter zu regeln. Dort, in Jettas kleinem, liebevoll geführten Hotel, beginnt für sie ein Neuanfang - beruflich wie in der Liebe.

Annett ist eine überaus charmante Protagonistin, die mich mit ihrer großen Fähigkeit zur (Selbst)Reflexion überrascht hat. Anderen und sich selbst kann sie durch ihre Fähigkeiten als Schlichterin helfen, einen Weg aus scheinbar unlösbaren Konflikten zu finden und ist damit für ihre Umgebung ein wahrer Glücksfall.

Das wunderschöne Stow-on-the-Wolds wird auf den Seiten mit einer solch liebenswürdigen Art zum Leben erweckt, dass die Lektüre einem kleinen Kurzurlaub gleichkommt. Die Beschreibungen sind besonders und bildhaft, kleine originelle Einwürfe machen den Handlungsort für mich glaubhaft und außergewöhnlich. Die Menschen, denen Annett in den Cotswolds begegnet, sind ausnahmslos gutherzig und sympathisch und sorgen für eine heimelige Atmosphäre. Es ist wie ein Nachhause Kommen oder Treffen mit geliebten Freunden.

In dem Roman gibt es immer wieder kleine Kapitel aus der Vergangenheit, die Annetts und Jettas Familiengeschichte näher beleuchten. Diese kurzen Passagen nehmen Bezug auf die Geschehnisse rund um das Dritte Reich und den Krieg und sind die Grundlage für einige schwerwiegende Geheimnisse und Lügen, die noch Auswirkungen bis in die heutige Zeit haben.

Gabriele Diechler ist es gelungen, einen ergreifenden Roman über eine Familie zu schreiben, die noch immer die Last und Schuld der vorherigen Generationen mit sich trägt, aber durch Besonnenheit und den Willen zu verzeihen und auf den Anderen zuzugehen, doch die Möglichkeit hat, einander wieder näher zu kommen und einer glücklicheren Zukunft entgegen zu sehen. Das verleiht der Geschichte etwas ungemein Tröstliches.

Trotz der tiefgehenden Thematik ist "Ein englischer Sommer" wunderbar leicht und locker zu lesen. Mich überzeugt neben der reichen Gedankenwelt der Figuren vor allem der nette und rücksichtsvolle Umgang der Figuren untereinander. Das ist so erfrischend anders als alles, was man sonst gewöhnt ist und macht für mich die Geschichte noch wertvoller.