Rezension

Ein Theaterstück in Prosa

Unbedingt
von Jürgen Volk

Bewertet mit 3.5 Sternen

Wen Literatur interessiert, der interessiert sich auch oft für Kunst. Und wer kennt nicht mindestens irgend ein Bild von Vincent Van Gogh oder von Paul Gauguin? So war ich gespannt auf das Buch von Jürgen Volk, der sich lange mit den beiden Malern beschäftigt hat und in Tübingen (u.a.) Kunstgeschichte studierte. Ausserdem ist zum 125. Todestag des Künstlers Van Gogh das Jahr 2015 als Van-Gogh-Jahr ausgerufen worden, sagt Jürgen Volk.

Die Leseerwartung geht ja manchmal an dem vorbei, was angeboten wird. So ist es mir mit dem vorliegenden Werk „Unbedingt. Van Gogh und Gauguin im Gelben Haus“ gegangen. Denn zwar wollte ich mehr über Vincent Van Gogh und über Paul Gauguin erfahren, aber ich wollte nicht ins 19. Jahrhundert eintauchen, als ob ich dabei gewesen wäre.

Der Autor jedoch hat genau das getan - und seine Leser mitgenommen - , hat sein eigenes Jahrhundert vorübergehend verlassen, ist auch lektüremässig ganz in die Historie des 19. Jahrhunderts eingetaucht, hat viel Emile Zola gelesen (den ich leider immer schon als besonders öd empfand genau so wie Balzac, man mag halt nicht alles), und hat sich so, bestens präpariert, sprachlich ganz auf seine Leute einlassen können. Denn Zola war ein Lieblingsautor der beiden Maler, aus seinen Werken zitieren sie häufig oder beziehen sich auf dessen Figurvorlagen, als ob es ihre Nachbarn wären. Und so landet man mit der Zeitmaschine von "Unbedingt" von Jürgen Volk vorübergehend im 19. Jahrhundert.

In „Unbedingt“ wird nicht in erster Linie informiert oder über die beiden Maler gesprochen oder ihr Verhalten und Werk interpretiert, sondern man begegnet ihnen persönlich: Sie agieren selbständig auf der Bühne in Arles, dessen südfranzösische Atmosphäre einigermaßen eingefangen wurde. Vincent als Epileptiker und als psychisch krank bekannt, sinniert in ellenlangen Monologen vor sich hin, die Gespräche zwischen Gauguin und ihm drehen sich in der typisch manierierten Weise dieser Zeit um die Theorie des Malens, ohne dass ich darin auf weite Strecken viel Sinn erkennen könnte, jedenfalls keinen, den ich nicht in drei, vier Sätzen zusammenfassen könnte. Die Informationen des gesamten Buches, kann ich auf zwei Seiten in einem Museumsführer nachlesen.

So wie ich es verstanden habe, wollte der Autor einen Film ablaufen lassen, in dem man mithören und mitsehen kann. Diesem Anspruch ist er gerecht geworden. Was kann der Autor dafür, dass ich in der Sprache meines Jahrhunderts, frisch, sachlich, unschwülstig und schnell informiert werden möchte, allerdings auf literarische Art, sonst hätte ich ja tatsächlich einen Museumsführer zu Rate gezogen.

Wie soll ich „Unbedingt“ überhaupt einordnen? Eine Biographie ist es nicht, obwohl ein wichtiger biographischer Ausschnitt dargestellt ist. Belletristik ist es auch nicht, da die vielen Bildbeschreibungen eher an eine Kunstvorlesung erinnern. Für einen Schulaufsatz ist das sprachliche Niveau wiederum viel zu hoch. Am ehesten ist "Unbedingt" ein Theaterstück in Prosa.

Als Theaterstück in Prosa erfüllt „Unbedingt“ die meisten Wünsche. Als Roman waren mir die vielen Monologe und Dialoge, zusammen mit der spärlichen Handlung viel zu langatmig, das Ganze zu wenig raffiniert präsentiert.

Fazit: Mein Lesevergnügen hielt sich in Grenzen.

Kategorie: Unterhaltung
Verlag: Plöttner Verlag, 2015