Rezension

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Ein tolles Buch - ergreifend und Mut machend

Unter Tränen gelacht - Bettina Tietjen

Unter Tränen gelacht
von Bettina Tietjen

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem Buch erzählt Frau Tietjen von der Demenzerkrankung ihres Vaters. Dies geschieht auf sehr eindrucksvolle Weise. Frau Tietjen ist sehr persönlich und ehrlich und gibt bereitwillig Einblick in die Persönlichkeit ihres Vater vor und während der Demenz. Dabei erzählt sie von den frühen Anfängen und dem Fortschreiten der Krankheit bis zum bitteren Ende.

Nach dem frühen Tod seiner Frau lebte Frau Tietjens Vater 20 Jahre lang allein im Haus. 2 Häuser weiter wohnte die Schwester von Frau Tietjen, die dann auch als erste die Anzeichen der Demenz beim Vater erleben mußte. Frau Tietjen beschreibt in ihrem Buch, die ersten Symptome der Demenz, das Verdrängen dieser seitens des Vaters und auch der Angehörigen, das Nichtwahrhaben-Wollen und auch schließlich die Erkenntnis, daß die Krankheit schon viel weiter fortgeschritten ist, als gedacht. Enorm sind die Bemühungen und die Anstrengung des Kranken, das Vergessen vertuschen zu wollen. Dadurch dass Frau Tietjens Vater stets so vielseitig interssiert war, sehr intellektuell war, konnte er viele Dinge regelrecht "herunterspielen" und auch im weiteren Verlauf der Krankheit ist es zwar traurig zu erkenn, daß er sich beispielweise in der Muttersprache schon nicht mehr so auszudrücken weiß, aber eine früher gelernte Fremdsprache noch fließend beherrscht. Genauso geht es mit dem Kurzzeitgedächtnis, das so gut wie nicht mehr vorhanden ist, während komplette Gedichte oder Liefer noch vollständig im Gedächtnis sind.

Frau Tietjen bezieht den Leser mit in ihre Gedanken, schildert ihre Änste und Zweifel, die sie während der Krankheit ihres Vaters hatte, als es galt, zu entscheiden, ob jetzt schon ein Heim gesucht werden muß oder ob man es erst einmal mit Pflegerinnen aus Osteuropa versucht.

Als es dann plötzlich ein Heim sein muß, weil es mit den Pflegerinnen aus Osteruopa nicht mehr sicher ist, hat Frau Tietjen aber das Glück ein solch gutes in ihrer Nähe zu finden, wo man sich erstaunlich viel Mühe mit den Demenzkranken gibt. Die Autorin beschreibt dabei einige Patienten und ihre kranheitsbedingten Eigenarten. Dies geschieht auf sehr liebevolle und mitfühlende Weise. Dabei werden durchaus viele amüsante Begebenheiten beschrieben und gezeigt, daß die Demenz nicht das schlimme menschenunwürdige Ende sein muß, wobei man den Angehörigen völlig verliert. Ihr Vater ist allerdings auch physich noch sehr gut gestellt und dies ist auch ein großer Vorteil. Zudem zeigt er keine Aggressionen und erkennt seine Angehörigen so gut es geht noch. Aber dieser Zustand bleibt selbstverständlich nicht und auch hier beschreibt Frau Tietjen, den weiteren Verlauf, die unausweichlichen Schluckstörungen und die Gefahr der immer wiederkehrenden und den Demenzkranken schwächenden Lungenentzündungen.

Es gibt sicherlich noch weitaus schlimmere Fälle von Demenz und Heime, die nicht mit so einer engagierten Leitung und Personal gesegnet sind, dennoch hat es das Buch von Frau Tietjen geschafft, mir ein wenig die Angst vor dieser Krankheit, der man heute überall begegnet, sei es inm Familien- oder Bekanntenkreis oder im öffentlichen Leben, zu nehmen. Frau Tietjen zeigt am Beispiel ihres Vaters, das noch lange nicht alles hoffnungslos ist und das man durchaus noch einen Zugang zum Demenzkranken finden kann und es doch noch Hoffung auf eine würdevolle und schöne Zeit mit der Demenz geben kann.