Rezension

Einfühlsam, direkt auf den Punkt gebracht, voller Leben und absolut authentisch!

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle -

Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle
von Anne Freytag

Bewertet mit 5 Sternen

"Vom Mond aus betrachtet, spielt das alles keine Rolle" von Anne Freytag ist als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag beim ONE Verlag erschienen und umfasst 432 Seiten.
Die Gestaltung im Innern des Buches ist klasse mit superschönen Illustrationen und auch ein Lesebändchen gehört zur hochwertigen Ausstattung :)

Die Handlung des Plots spielt sich mitten während des Corona-Lockdowns in der Weihnachtszeit im Zuhause von Sally, Mutter Marianne und den Geschwistern Henry, Charly und Franny ab. Von außen kommen nur Sallys Freund Felix und Charlys Freundin dazu sowie Leni, die für Marianne arbeitet und bei der Familie einzieht.
Sally ist mittendrin im Erwachsenwerden, in der Selbstfindung. Da sie ein ungeplantes Baby war und ihre Mutter sich auch mehrfach recht unsensibel zur Namensfindung ihrer Kinder etc. geäußert hat, fühlt Sally sich unerwünscht und ungeliebt. So versucht sie sich ständig anzupassen, um gemocht zu werden, und verliert sich dabei immer mehr selbst aus den Augen. Auch ihr Freund Felix, der kürzlich Schluß gemacht hatte und sie nun wieder besucht, ist nicht eben der charmanteste Typ und so ist Sally noch mehr verunsichert. Außerdem ist ihre beste Freundin Pia weggezogen und das Bad, in dem sich ihre heißgeliebte Badwanne befindet, in der sie zu sich selbst finden kann, ist ständig stark umkämpft.
Nur die Beziehung zu ihrem Wellensittich Pete ist vorbehaltlos und die beiden lieben sich sehr.
Und dann kommt Leni ins Haus. Leni, von der Marianne immer so bewundernd spricht, die alles zu können und toll zu machen scheint und die Sally deswegen hassen möchte. Doch dann kommt alles so ganz anders...!!

Ich finde dieses Buch absolut grandios- obwohl ich normalerweise überhaupt nicht auf Liebesgeschichten stehe - aber da ich bereits andere Bücher von Anne Freytag kannte, wollte ich dieses (glücklicherweise) auch unbedingt lesen...

Ich finde es total genial, wie Anne Freytag ihre Leserinnen und Leser scheinbar mühelos mittendrin sein lässt, nicht nur im Geschehen, sondern auch in Sallys (und teilweise Lenis) Kopf, ihrer Gefühls- und Gedankenwelt. Man kann sich super hineinversetzen und ihre inneren Konflikte nachvollziehen.

Jeder Satz von Anne Freytag ist eine kleine Kostbarkeit, und zwischen den Zeilen findet sich noch so viel mehr... Der Schreibstil ist einfach dermaßen feinsinnig, intim , offen, poetisch und besonders .

Sally reflektiert permanent und sucht nach Antworten - die sie aber nicht finden kann, weil sie die Fragen nicht laut stellt. Und Leni geht es nicht anders, obwohl sie einige Jahr älter und erfahrener ist.

Dass es enorm zu einem zufriedenen Lebensgefühl beiträgt, sich selbst finden und zu lernen, sich selbst wichtig zu nehmen, das vermittelt die Autorin auf wundervolle Weise.

Im Grunde passiert handlungsmäßig gar nicht sooo viel, aber im Innern der Protagonisten spielt sich wahnsinnig viel ab.
Und tatsächlich bin ich während des Lesens mehrfach zu eben der Erkenntnis gelangt, die der Titel des Buches aussagt. Vor allem spielt es vom Mond aus betrachtet eigentlich gar keine Rolle, ob eine Liebesbeziehung hetero-, homo-, transsexuell oder sonstwie geartet ist, Hauptsache sie ist ehrlich und die Gefühle sind echt.

Auch das Ende, überschrieben mit Futur II, finde ich total genial gemacht. Man erfährt, wie es mit jedem einzelnen der  Charaktere weitergeht und das aus deren eigener Sicht. Aber lest es einfach selbst, ich möchte keinesfalls spoilern.

Ein wundervoller Roman - für mich persönlich eine tolle Entdeckung und ein Jahreshighlight !