Rezension

Erst hui, dann hmm.

Das Pferd im Brunnen -

Das Pferd im Brunnen
von Valery Tscheplanowa

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ich tue mich wirklich schwer etwas über Valery Tscheplanowas Roman "Das Pferd im Brunnen" zu sagen, zu sehr war ich begeistert und enttäuscht zugleich. Hätte Tscheplanowa sich auf die Geschichte der Familie mit Urgroßmutter Tanja konzentriert, wäre dies womöglich eins meiner liebsten Bücher geworden, zu sehr hat mich diese Beziehung zwischen ihr und ihrer Urenkelin mitgenommen, aber als nach etwa 50 Seiten Mischa und Nina im Fokus der Erzählung stehen, verliert diese Geschichte für mich nach und nach ihre Besonderheit und den Glanz, die Wärme und leider dann auch mein Interesse. Gerade die bildhafte, poetische Sprache, die Beschreibungen, die unterschiedlichen Charaktere, das leichte Russische, der Aberglaube... haben mich zu Anfang wahnsinnig begeistert. Ich liebte bereits das Bild des seit neun Jahren leerstehenden Schaukelstuhls, als Beginn einer Spurensuche nach der eigenen Herkunft und Familiengeschichte. Das Zitat, das sich zugleich auf der Rückseite des Buches befindet...

"Als ich sie kennenlernte, war ich siebzehn. Ich hatte sie oft gesehen, als Kind, aber sie war stets unterwegs vom Einkaufen zur Arbeit, von einer Wartschlange zur nächsten auf hohen Absätzen mit strammen Fesseln, die kleinen Brüste stets frech nach vorn gestreckt, laut und zornig und so charmant mit ihren kleinen, flachen Zähnchen lächelnd. Ich wusste nicht, ob ich sie mochte."

machte mich neugierig und formte erste Bilder einer vielbeschäftigten Frau, deren Geschichte sich Walja und die Leser*innen langsam nähern, aber dann wurde es für mich einfach nur noch mühevoll, kühl und distanziert, was natürlich einerseits auch ihrem Charakter, der beschriebenen, schwierigen Zeit und Gesamtsituation innerhalb der Familie geschuldet ist, andererseits fühlte es sich plötzlich wie ein ganz anderes Buch an, das mich inhaltlich etwas überforderte, mich abdriften ließ, leider auch langweilte und mich so dann einfach nicht mehr begeistern konnte.