Rezension

Erwachsenwerden in den 80ern

Wir waren keine Helden - Candy Bukowski

Wir waren keine Helden
von Candy Bukowski

Bewertet mit 3 Sternen

Candy Bukowskis Debütroman "Wir waren keine Helden" ist eine deutsche Coming-Of-Age-Geschichte. Im Fokus steht Sugar, die mit 16 ihrem Kaff am "Arsch der Welt" entfliehen will und dafür in die Großstädte zieht. Viele Brüche zeichnen ihr unkonventionelles Erwachsenwerden zwischen Punk-WG, Dauerwelle und Hits der 80er und 90er. Am Ende des Romans ist Sugar eine alleinerziehende, zufriedene Frau über 40, die in Hamburg ihre Heimat gefunden hat und noch einmal auf ihre "wilden Jahre" zurückblickt. Sie bedauert diese Zeit nicht, sondern setzt zu einem Lob auf die Freundschaft an. Letztere bildet den roten Faden innerhalb der oftmals etwas verworrenen, tagebuchähnlich angelegten Kapitel. Man könnte auch von kleinen Geschichten in einer großen sprechen. Das Besondere an Bukowskis Roman ist dessen metaphorischer und nonchalanter, geradezu flapsiger Erzählton. Kurzum, die Autorin nimmt kein Blatt vor den Mund und wirkt dadurch erfrischend unangepasst. Leider empfand ich diese ungewöhnliche Erzählweise im Laufe der Handlung als sehr anstrengend; musste mich manches Mal sogar dazu zwingen, nicht einfach weiter zu blättern. Die Beschreibungen der Lebenswelt der 80er und 90er in Deutschland fand ich hingegen grandios gut getroffen. Auch das zeittypische Songtitel als Untertitel für jedes Kapitel gewählt wurden, fand ich stark.
Mit Sugar und ihrer Lebenseinstellung und ihrem sich Treibenlassen konnte ich weniger anfangen. Mag sein, das Vieles auch autobiografisch ist, das machte es für mich aber auch nicht spannender.
Das Tigermotiv des Covers wurde sehr modern designt und hat mich sofort angesprochen. Es ist ein richtiger Eyecatcher. Die Wahl des Titels und Titelbildes erschließt sich wunderbar leicht durch den Romaninhalt, was man nicht von jedem Buch behaupten kann.

Hier ein paar Lieblingszitate:
"Hart aber war gut. Das Hart, das dir zeigt, wie viel Rückgrat dir selbst in einem haltlosen Weichsein noch fehlt." (S. 20)

"Und Pete lebte. In den Tag hinein und durch den Tag hindurch [...]." (S. 21)

"Wenn all die sperrigen Wenn und Aber aus dem Weg gekickt und all die sinnbefreiten Konjunktive vom Herz gerissen wurden, dann läuft es schon irgendwie in die richtige Richtung. In eine zumindest." (S. 49)

FAZIT
Eine tempo- und ereignisreiche Reise in die Vergangenheit, deren Lektüre den Leser herausfordert.