Rezension

Es ist nicht das, was es scheint...

Gone Girl - Gillian Flynn

Gone Girl
von Gillian Flynn

Bewertet mit 4 Sternen

Eigentlich hatte ich das Buch schon länger gekauft aufgrund seiner guten Rezensionen. Den Ausschlag gegeben es jetzt zu lesen, gab der kommende Film von David Fincher. Damit ich nämlich nicht gespoilert werde durch Trailer und Medien, muss dieses Buch vorher gelesen werden, Punkt! Natürlich ist es doof, dass ich weiß, dass Ben Affleck den Hauptdarsteller mimen wird, aber ich muss sagen, dass ich ein komplett anderes Bild von Nick Dunne habe, als einen Ben Affleck. Aber das nur nebenher.

Neben Nick ist die Hauptfigur Amy, die an ihrem gemeinsamen fünften Hochzeitstag verschwindet. Es wird abwechselnd aus der Sicht der beiden erzählt. Nick in der Gegenwart mit den Ereignissen und seinem Umgang damit. Amy erstmal in der Vergangenheit als Tagebucheintrag. Beide Sichtweisen sind packend erzählt und immer mehr merkt man, wie zerrüttet diese Beziehung eigentlich war und wie wenig sie über sich wussten. Während man bei Amy irgendwie keine Geheimnisse spürt, ist Nick von Anfang an mysteriös und erzählt wie er selbst sagt viele Lügen. Deutet alles darauf hin, dass er etwas mit dem Verschwinden zu tun hat? Generell finde ich aber, dass jeder Charakter, der in Kontakt mit Amy und/oder Nick steht, so beschrieben wird, als könnte er oder sie damit etwas zu tun haben. Mal benehmen sie sich hier komisch, mal sagen sie da etwas Seltsames. Man merkt, wie Gillian Flynn mit dem Leser spielt – und das gar nicht unsympathisch. Wie ein Voyeur liest man die intimsten Gedanken der beiden Protagonisten und deckt mit jedem Kapitel mehr und mehr Geheimnisse auf, und steuert mit diesen auf das Ende zu. Einen halben Punkt Abzug muss ich hier aber dennoch machen, weil einfach mit zu viel Klischees gearbeitet wird.
Ich weiß nicht, wie es anderen ging, aber je mehr ich las, desto mehr Theorien schwirrten in meinem Kopf rum, geschürt durch den Erzählstil der Autorin. Der Sprachstil ist ein hervorragender Mix aus Einfachheit und gehobener Wortwahl. Das zurückliegende Schulenglisch reicht nicht wirklich aus, da sollte man schon etwas Übung im Lesen englischer Lektüre haben. Es ist geschickt geschrieben und strotzt nur vor Energie und Ideen. Die Charaktere kommen lebhaft rüber und vor allem die Tagebucheinträge sind wie aus dem Leben gegriffen. Alles in allem habe ich mich sprachlich sehr wohl gefühlt, was auch ungemein dabei geholfen hat, eben jenes für die Geschichte und die Charaktere zu empfinden.

Ein Einschnitt in die Geschichte passiert bei etwas über der Hälfte (hier ab Seite 293 von 555). Der zweite Teil startet und enthüllt das perfide Spiel. Eigentlich ist die Geschichte aufgelöst, jetzt geht es nur noch darum: Wie geht es weiter, wird das Spiel den gewünschten Abschluss finden? Der zweite Teil ist für mich weniger überraschend, da es meine allererste Theorie war, jedoch nicht in dem Ausmaß, wie es Flynn schildert. Obwohl man jetzt weiß, wer was wie warum sich ausgedacht hat, bleibt man immer noch in der Geschichte und will einfach wissen, wie es weiter geht. Die Dynamik verändert sich zwar, aber der Pageturner-Charakter bleibt bestehen.

Eine weitere Wendung gibt es im dritten Teil (hier ab Seite 491, also nochmal kurz vor Schluss). Das ist für mich eigentlich schon eine Wendung zu viel, aber man weiß trotzdem nicht genau, wie es enden wird, hat jedoch auch hier wieder seine Vermutungen.

Und das Ende? Unbefriedigend, so als wäre die Geschichte noch lange nicht zu Ende… Lange, lange… Als würde das nächste Geheimnis, die nächste Offenbarung, schon auf der nächsten Seite lauern. Aber die ist leer…

Fazit: Es ist ein sehr gutes Buch mit einem schönen Lesefluss. Die Figuren sind glaubhaft und sehr realitätsnah geschrieben. Je einen halben Punkt ziehe ich jedoch für die Klischees und für die Vorhersehbarkeit ab. Spannend ist es aber allemal, was vor allem an der Schreibweise liegt. Großartige neue Ideen gibt es nicht, aber das ist auch gar nicht nötig, da man so den Lesefluss auf einem Level behält. Die Figuren sind allesamt sympathisch, egal wie sie auch drauf sein mögen, und man kann sie einfach verstehen, weil es so realitätsnah geschrieben ist. ABER ich kann verstehen, wenn es einige nicht mögen, denn es gibt ein großes Hin und Her und den Thriller-Charakter, den die Inhaltsangabe und der erste Teil versprechen, wird so nicht eingehalten. Es ist eher ein Psychogramm (oder besser gesagt zwei). Dies aber wiederum hat die Autorin sehr gut hinbekommen. Als großer Krimi- und Thriller-Liebhaber hätte ich natürlich lieber den ersten Teil bis zum Ende durchgezogen, aber ich hatte trotzdem spannende Lesestunden mit den anderen beiden Teilen.

Mittlerweile habe ich auch den Trailer von Gone Girl gesehen und muss sagen, dass hier vor allem der erste Teil geteasert wird. Neil Patrick Harris aus How I Met Your Mother hat auch eine Rolle – und diese Charakterbesetzung passt viel besser als die von Nick. Ohne gespoilert zu werden kann man sich den Trailer glaube ich angucken. Gillian Flynn hat ebenfalls das Drehbuch geschrieben und für den Film das Ende geändert, von daher kann man wohl eh nicht gespoilert werden - man sollte zumindest nicht alles glauben, was man dort sieht. ;)

Kommentare

Karithana kommentierte am 16. Juli 2014 um 17:42

Hallo,

das mit der Verfilmung wusste ich noch gar nicht. Also danke für die Info :-)

Das Ende hat mir leider auch nicht gefallen.