Rezension

Fesselt und berührt

Sieh mich an - Natasha Friend

Sieh mich an
von Natasha Friend

Bewertet mit 4.5 Sternen

„Sieh mich an“ ist eine typisch amerikanische Teenager-Geschichte und entspricht eigentlich nicht meinem sonstigen Lesegeschmack. Doch als ich kurz hineingelesen habe, war ich sofort gefangen genommen und so blieb es auch bis zum Schluss.

Die junge Highschoolschönheit Alexa hat ein wunderbares Leben, das von einem Moment auf den anderen in Stücke fällt. Als wäre es nicht bitter genug, von ihrem Freund und ihrer besten Freundin betrogen und verletzt zu werden, erleidet sie auf der Fahrt nach Hause einen Unfall und erwacht im Krankenhaus. Sie hat starke Schmerzen, ihre schweren Gesichtsverletzungen machen eine Hauttransplantation nötig und sie schaut ewig in keinen Spiegel mehr.

Sie, die sich ihr Leben lang über ihr Aussehen und ihre Schönheit definiert hat, muss nun irgendwie lernen, ohne ein perfektes Äußeres zu leben. Alexa versinkt zunächst in Apathie und Depression, flüchtet sich in verletzenden Sarkasmus gegenüber sich selbst und anderen. Weder Familie noch Freunde lässt sie an sich heran, blockt alle Hilfsangebote ab, weigert sich aus dem Haus und zur Schule zu gehen. Gerade junge Menschen sind oft grausam, ohne sich dessen bewusst zu sein oder es wirklich böse zu meinen. Sie macht da einige sehr bittere Erfahrungen und erkennt erst spät, dass sie sich früher ähnlich unbedacht verhalten hat und man nicht alles so schwer nehmen sollte.

Ihre Familie kümmert sich liebevoll um sie, nimmt Rücksicht und hat Verständnis für ihre Wut und ihre Ausfälle. Vielleicht etwas zu nachgiebig, denn Alexa wird zunehmend egoistisch und  sieht nur noch sich selbst und ihr Transplantat - bis es ihrer älteren Schwester Ruth reicht und die ihr ordentlich den Kopf zurechtsetzt. Doch irgendwann kriegt sie die Kurve und verliert den Focus auf sich und ihr Unglück. Nicht zuletzt, weil Theo in ihr Leben tritt, der auch schon erfahren hat, was Kummer und Verlust bedeuten. Alexa nimmt die Probleme anderer wahr, kümmert sich und setzt sich ein – und findet damit auch für sich einen Weg zurück ins Leben.

Klar werden eine Menge Klischees bedient, doch nach und nach offenbaren auch die Klischee-Figuren mehr als nur eine Seite. Es ist eine zeitgemäße Geschichte, die zu Herzen geht und fesselt, nicht nur die junge Zielgruppe.