Rezension

Frankfurt/Main - Europas neue Hauptstadt

Frankfurter Schattenjagd - Dieter Aurass

Frankfurter Schattenjagd
von Dieter Aurass

Bewertet mit 5 Sternen

Frankfurt am Main ist die Hauptstadt der „Föderation der Europäischen Länder“, die nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 und der daraus folgenden Kettenreaktion von Explosionen ähnlicher Kernkraftwerke in Asien, Millionen von Flüchtlingen beherbergen muss. So ist Frankfurt von rund 750.000 Einwohnern auf 8 Millionen angewachsen, was zu logistischen Problemen sondergleichen führt. Wohnraum ist extrem knapp und die Menschen leben in Containern, Kojen und beengten Wohnungen. Und dort, wo Mangel und viele Menschen auf einem Fleck konzentriert sind, ist das organisierte Verbrechen nicht weit. Rivalisierende Banden unterschiedlicher Herkunft machen der Polizei das Leben schwer. Das ist so das Umfeld, in das uns der Autor entführt.

Der junge, deutsch-chinesische Kommissar Xaver Xiang, genannt Dex, muss sich mit einer grausamen Mordserie an Mitgliedern der mongolischen und russischen Mafia beschäftigen. Dex und sein Team, das wie die Bevölkerung allgemein aus unterschiedlichen Ethnien zusammengesetzt ist, ermitteln fieberhaft. Doch kaum scheinen sie der Lösung des Rätsels nähergekommen zu sein, finden sie die nächste zerstückelte Leiche.

Dann erhält Dex Unterstützung von einer gänzlich unerwarteten Seite, die auch sein Leben ziemlich durcheinanderbringt. Ist diese Hilfe wirklich so selbstlos oder verfolgt diese Person eigene Ziele?

Meine Meinung:

Autor Dieter Aurass bietet in seinem neuesten Werk einen Krimi der Extra-Klasse. Angesiedelt in der Kategorie „Alternative Geschichtsschreibung“ kann er seiner Fantasie freien Lauf lassen. Dabei flicht er gekonnt aktuelle Themen wie Flucht, unterschiedliche Glaubensbekenntnisse und Ethnien sowie deren Konflikte ein. Allerdings keimt auch Hoffnung auf, dass die eine oder andere Ursache von Kontroversen durch Toleranz beigelegt werden kann.

Die Vorstellung, zwecks Identifikation, einen Barcode auf dem Handrücken eintätowiert zu haben, erinnert an die Nummern in den Konzentrationslagern der Nazis. Da ist es mir ein wenig kalt über den Rücken gelaufen, obwohl die Aussicht die aktuelle Passwortmisere und Zutrittskontrollen mittels implantierten Mikrochip zu beenden, einen gewissen Reiz hätte. Allerdings wären wir dann wirklich die „gläsernen Menschen“. „Big brother is watching you“ schrieb schon George Orwell.

 

Der Autor stellt uns der Reihe nach die Mitglieder des Ermittlerteams vor. Jede/Jeder hat ein Spezialgebiet, das die Mannschaft zu einem kompakten und effizienten Team macht. Nicht alle haben eine friktionsfreie Vergangenheit und dieses bestimmt nach wie vor ihre Persönlichkeiten und Handlungen.

Der Schreibstil ist, wie wir es vom Autor gewöhnt sind, fesselnd und flüssig. Die Spannung wächst von Seite zu Seite.

Das plötzliche Auftauchen von Lilith lässt die Leser überrascht in eine falsche Richtung denken. Ja, das ist schon ein meisterlicher Griff in die Trickkiste.

Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und habe es nahezu in einem Stück gelesen. Faszinierend finde ich, dass die Szenarien so echt und lebendig dargestellt sind, dass ich nachdenken musste, ob es 1987 wirklich eine „Große Hungersnot“ auf Grund der Atomkatastrophen stattgefunden hat.

Fazit:

Ein neuer Krimi-Stil, ein neues Team – bitte unbedingt mehr davon. Ich kann Dieter Aurass im Allgemeinen und dieses Buch im Besonderen nur ausdrücklich empfehlen. 5 wohlverdiente Sterne.