Rezension

Frauenpower

Die Unternehmerin von Amsterdam -

Die Unternehmerin von Amsterdam
von Simone van der Vlugt

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mit dem Tod ihrer Eltern kurz nacheinander hat sich Lydia noch nicht abfinden können. Im Jahr 1892 pendelt sie zwischen Familienwohnsitz und Amsterdam hin und her und versucht wenigstens das Zusammensein mit ihren besten Freundinnen genießen. Als die dann die Papiere ihres Vaters durchsieht, entdeckt sie, dass er plante im einem Bauern vor Ort eine Käsefabrik zu eröffnen. Endlich sieht Lydia eine Aufgabe, sie will in die Fußstapfen ihres Vaters treten. Zu dieser Zeit ist das für eine Frau alles andere als einfach. Gewisse Verträge darf nur ein Mann abschließen. Zum Glück ist Huib, der Inhaber des Bauernhofs, auf ihrer Seite.

 

Das Leben von Lydia entwickelt sich anders als das ihrer Mutter, die die gegen die ihr zugedachte Rolle aufbegehrt hat. Durch den frühen Tod ihrer Eltern nimmt Lydia schon wegen der Umstände einen anderen Weg. Doch auch die Zeiten ändern sich und Frauen denken so langsam daran, dass sie auch eine Ausbildung oder einen Beruf gebrauchen könnten. Für die wohlhabenden jungen Frauen gilt das allerdings weniger als für die Arbeiterinnen. Lydia weiß, wenn sie heiratet, hat letztlich ihr Mann den Zugriff auf ihr Vermögen. Und das möchte sie nicht. Ihr gemeinsames Unternehmen mit dem Landwirt Huib wird vom Landvolk kritisch beäugt.

 

Beim Lesen des Titels und auch des Klappentextes bilden sich Vorstellungen über den Schwerpunkt dieses Romans. Der tatsächliche Inhalt entwickelt sich dann etwas anders. Zwar steht Lydia im Mittelpunkt, doch ihre Rolle als Unternehmerin und Frau in einer Zeit des Umbruchs  gerät ein wenig in den Hintergrund. Mehr geht es um ihre Liebe, ihre Entscheidungen und die Liebe zu ihrer Tochter, welche als junge Erwachsne mehr Raum beansprucht. Da die Handlung sich über etliche Jahre erstreckt, muss man mit Zeitsprüngen klarkommen und auch einer gewissen Episodenhaftigkeit. Lange Zeiträume liegen einem mehr oder weniger. Ein Vorteil davon ist gewiss, die Darstellung der Veränderung. So war es den Frauen zunächst nicht erlaubt, viele eigene Entscheidungen zu treffen und kaum zwanzig Jahre später, machen sie Ausbildungen und stehen ihre Frau. Sehr interessant sind auch die Anmerkungen der Autorin im Nachwort, die einige Passagen in einem neuen Licht erscheinen lassen.

 

Ein sehr schöner historischer Roman, der besonders mit seiner historischen Akkuratesse beeindruckt.