Rezension

ganz anders als sein Vorgänger!

Zwischen den Welten 02 - Days of Blood and Starlight - Laini Taylor

Zwischen den Welten 02 - Days of Blood and Starlight
von Laini Taylor

Zitate:
„Leben und Frieden. Sieg und Vergeltung.
Zwei Ziele, die sich niemals miteinander würden vereinbaren lassen.“
(S. 204)

Licht durchströmte Karou, dicht gefolgt von tiefster Dunkelheit – sie verbrannte, sie erfror, Schimmer und Schatten, Eis und Feuer, Blut und Sternenlicht, drängend, tosend, überwältigend, Schock und Unglauben. Wut.
(S. 355)

Inhalt:
Eretz, das Anderswo, wird nun von den Seraphim und dessen Imperator Joram beherrscht, die „Bestien“, die Chimären scheinen besiegt, endgültig vernichtet.

Karou ist weg. Ihren letzten, vernichtenden Blick stets vor Augen, sucht Akiva verzweifelt nach ihr, kehrt sogar nach Eretz zurück, ohne zu wissen, was ihn dort erwartet. Doch auch hier gibt es keine Spur von ihr. Lediglich ein verwaistes Turibulum mit Karous Namen bietet einen Anhaltspunkt. Dessen tiefere Bedeutung und Konsequenzen will sich Akiva jedoch gar nicht einmal ausmalen.
Nach einem Kampf mit seinen Geschwistern Liraz und Hazael kehrt Akiva in sein altes Leben zurück. Außer den beiden weiß keiner, dass der große „Bestienbezwinger“ in einer eben dieser Bestien seine Liebe gefunden hatte.
Akiva, nun wieder im Dienst in der Armee der Bastarde, wird von seinem Alltag aufgezehrt. Die Versklavung der „Bestien“, die zahlreichen Tötungen und sinnlose Morde an Zivilisten müssen ein Ende finden.
Doch dann tut sich was im Reich der Seraph, im Herzen des Landes: Engel werden getötet, verstümmelt – mit großer Effizienz.

Einbrüche rund um den Globus irritieren Museumsbesitzer, lassen Ermittler verblüfft zurück. Endlich gibt es einen Hinweis: Das Phantom, das in die bestgesichertsten Museen der Welt eindringt, ist weiblich. Die Beute könnte nicht seltsamer sein als die äußeren Umstände: Zähne, jede Menge Zähne...

Meinung:
„Daughter of Smoke and Bone“ war eins “dieser” Bücher. Es konnte mich begeistern, überraschen, mitschmachten und mit brodelnden Emotionen zurücklassen. Daher war der nächste Abschnitt aus Karous Leben ein klares Must-Must-Read für mich. „Days of Blood and Starlight“ war jedoch etwas anders als erwartet.

Wer sich nicht mehr allzu gut an den Inhalt oder die finalen Offenbarungen aus Teil 1 erinnern kann, sollte unbedingt vor dem Lesen einen kurzen Blick in das Personenverzeichnis am Ende werfen und sofort ist wieder alles gegenwärtig. Ein kurzes „Was bisher geschah“ erzählt die Geschichte von Seraphim und Chimären bis hin zu den Geschehnissen zwischen Band 1 und 2.

Danach werfen wir einen Blick nach Prag. Zuzanna, Karous beste Freundin, hegt Rachegedanken gegenüber Kaz, Karous Ex. Denn dieser nutzt den Engel-Wahn der Medien, schlachtet jedes noch so kleinste Detail über Karous Leben aus. Denn die Welt wartet gebannt auf mehr Informationen zu den Engeln. Suzanna selbst erhofft sich jedoch ein Lebenszeichen von Karou. Zahlreiche E-Mails, Telefonanrufe, Mailboxsprüche blieben ohne Antwort. Suzannas Hoffnung schwindet. Ist Karou tot?

Dieselben Gedanken gehen Akiva durch den Kopf. Er trägt schwer an der Schuld dessen, was in Loramendi passiert ist. Ist er gar verantwortlich für Karous Tod? Das Turibulum kann nur eines bedeuten. Karous Seele wurde von jemandem eingesammelt. Doch wer könnte ihr einen neuen Körper erschaffen, wenn der Wiedererwecker selbst tot ist?
Die Spannung, lange Zeit nicht wirklich zu wissen, was Karou wiederfahren ist, nicht zu wissen, ob sie überhaupt noch lebt, ob mich die Erinnerungen an das Ende des ersten Bandes trügen, riss mich ins Buch, stets auf der Suche nach Antworten. Dann erhielt ich erste Hinweise, konnte meiner Fantasie freien Lauf lassen. Darauf folgten eindeutige Indizien und verbanden sich zu einem Hoffnungsschimmer. Hoffnung für die besiegten Chimären.

Akiva jedoch wurde es noch lange nicht gegönnt, eine Antwort zu erhalten.
Im Gegenteil: Die Autorin ließ ihn leiden, bereuen, wieder kämpfen, bis er allem leid wurde. Er erkannte, dass sich etwas verändern muss. Er sah die Zeichen, ließ sich nicht blenden. Er wusste, dass in den Herzen vieler ein Wandel erfolgte, ein Umdenken. Er musste nur nach ihnen suchen, hielt an den Plänen von Madrigal und seiner selbst fest, an dem Traum einer Zukunft ohne Krieg.

Karou kommt dieser Traum hingegen wie der schlimmste Albtraum vor. Sie allein trägt die Schuld an der Zerstörung Loramendis, an der Vernichtung ihres eigenen Volkes. Ihr Verrat sitzt ihr noch tief in den Knochen. Deshalb tut sie Buße. Sie schafft wahre Bestien, um ihr Volk zu rächen, hat ein klares Ziel vor Augen. So wurde sie eine Verbündete ihres eigenen Todes. Doch trotz allen Pflichtbewusstseins schleichen sich stets Erinnerungen an Akiva in ihren Kopf. Und die Gefühle, die diese in ihr hervorrufen, scheinen das Gegenteil von denen zu sein, was Karou selbst glaubt zu wollen. Oder redet sie sich alles nur ein?
Daher ist es kein Wunder, dass aus der ehemals sarkastischen, schlagfertigen Karou ein ernstes, beinahe unterdrücktes Mädchen wurde, ein Schatten ihrer selbst, die erst im Glauben an sich selbst wieder über sich hinauswachsen kann.

Ich musste sehr sehr lange auf die erste Begegnung der ehemaligen Liebenden warten. Denn eine Vielzahl von Charakteren bekommt seinen Auftritt, erzählt einen Teil seiner Lebensgeschichte. Denn die Zeiten in Eretz, wo der größte Teil der Geschichte spielt, sind hart. Kämpfe, Überfälle, Mord und Rache… Und der stumme Ruf nach Veränderung.

Passend zu dem High-Fantasy-Setting Eretz wurde ich von der Vielzahl an Charakteren beinahe erdrückt. Zahlreiche fremde Namen, ganz gleich ob Chimärenstamm oder Seraphim-Familie, Orte oder Tiere, wollten von mir be-/gemerkt werden. Laini Taylor überhäufte mich mit Informationen, webte zahlreiche Handlungsstränge, jeweils im personalen Stil der Charaktere verfasst, die aufeinander zusteuerten, sich verpassten, auf eine erneute Chance warteten und dabei kontinuierlich die gegenwärtige Entwicklung reflektierten. Viele der neuen Charaktere, egal welcher Seite sie angehörten, sehnten sich nach dem Wandel, sind Tod und Verderben leid. Und so verbünden sich selbst Jäger und ihre einstige Beute, alte Bande werden erneuert, nie dagewesene Beziehungen geschaffen und Unmögliches erreicht.

Laini Taylors größtes Talent ist die Fähigkeit, Emotionen zu beschreiben, derart mitfühlend zu machen, greifbar und dennoch beinahe poetisch. Sie zog mich in die Trauer von Akiva, riss mich in den Strom der Hoffnungslosigkeit von Karou, ließ den Funken des Aufstandes, der Veränderung in mir keimen. Jede dieser zahlreichen Szenen wäre ein Zitat wert.
Die düstere Atmosphäre schafft den perfekten Rahmen für diese Bildgewalt. Der Schreibstil ist stellenweise nüchtern, klar, kurz angebunden, einfach… Auf der anderen Seite stehen die emotionalen Highlights, die ausführlichen Beschreibungen wichtiger Szenen und Entwicklungen und nicht zuletzt die epische Welt von Eretz.

Insbesondere durch die sich häufenden Kämpfe und Entwicklungen dort geriet mein Lesefluss oftmals ins Stocken, Spannung stellte sich nur sehr zögerlich ein, trotz gehäuft vorkommende Cliffhanger am Kapitelende und deren nachfolgende Beleuchtung aus anderen Perspektiven oder der erläuternden Vergangenheit. Langsam aber sicher steuerte ich dem Höhepunkt entgegen und ließ mich von der Autorin überraschen und auch schockieren und verlor mich daraufhin in einem Ende, das Hoffnung schenkte. Hoffnung und eine jede Menge Stoff für ein grandioses Finale.

Urteil:
Laini Taylors „Days of Blood and Starlight” ist keine einfache Kost. Zahlreiche Perspektiven und Handlungsstränge epischen Ausmaßes und die für mich daraus resultierenden Längen schmälerten meinen Lesegenuss ein wenig. Die auf geniale Weise transportierten Emotionen und die Atmosphäre „zwischen den Welten“ entschädigten mich jedoch genauso wie die teils überraschende Entwicklung der Geschichte. Ich warte nun ungeduldig auf Karous finale Erlebnisse und gebe die Hoffnung nicht auf. 4 Bücher für „Blut und Sternenlicht“.

Ein klares Must-Read für Fans von „Daughter of Smoke and Bone“, insbesondere der Erinnerungen aus Madrigals Sicht. Wem diese Parts der Geschichte schon zu „episch“ waren, der sollte sich bereits vor dem Lesen auf die Welt von Eretz einstellen, dem Hauptsetting von „Days of Blood and Starlight“. Ich als nicht High-Fantasy-Fan tat mich teilweise wirklich schwer, der Geschichte zu folgen.

Die Serie:
Daughter of Smoke and Bone
Days of Blood and Starlight
Originaltitel: Dreams of Gods and Monsters
(Erscheinungstermin April 2014)

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