Rezension

Gelungener Auftakt einer Familiensaga rund um die Welt

Die sieben Schwestern - Lucinda Riley

Die sieben Schwestern
von Lucinda Riley

Bewertet mit 4 Sternen

Eine recht spannende Reise ins Rio de Janeiro und Paris der 1920er Jahre – Historie und Romantik inbegriffen. Lesenswert!

Das Buch:

Es handelt sich bei diesem Buch um den ersten Teil einer 7teiligen Reihe von Büchern. Jedes der Bücher kann, laut der Autorin, ohne Kenntnis der anderen gelesen werden. In jedem Teil wird das Leben einer der Schwestern beleuchtet. Innerhalb der einzelnen Romane streut die Autorin, ebenfalls nach eigener Aussage, Hinweise, die im letzten Teil zu einer großen Aufklärung bzw. Zusammenführung werden sollen. Mir gefällt diese Idee sehr, weil sie neugierig auf die anderen Geschichten macht und man vielleicht etwas aufmerksamer liest – in der Hoffnung, die angedeuteten Hinweise zu entdecken. In diesem Roman begleitet der Leser Maia d’Apliese nach Brasilien.

Die Geschichte wird auf 2 Zeitebenen erzählt – Maias Geschichte in 2007, Izabelas Geschichte – Maias Vorfahrin – in den späten 1920er Jahren.

Worum geht’s?

Maia ist eine von 7 Adoptivschwestern, die gemeinsam mit Pa Salt – ihrem Adoptivvater – und seiner Haushälterin Marina – die alle nur Ma nennen – auf Atlantis aufwachsen. Alle Schwestern haben ein behütetes Leben, können sich ganz nach ihren Vorlieben entfalten und später ihrer eigenen Wege gehen. Maia ist die Einzige, die auch als Erwachsene noch auf Atlantis lebt. Eines Tages stirbt Pa Salt, was für alle ein schwerer Schock ist. Aber jeder der Schwestern hinterlässt er einen Hinweis auf ihre Herkunft.

Maia, die von Berufs wegen Bücher ins Französische übersetzt, macht sich auf den Weg nach Brasilien auf die Spuren ihrer Vorfahren und trifft dort das erste Mal den Autor der Bücher, die sie übersetzt. Floriano entpuppt sich nicht nur als guter Fremdenführer, sondern ist auch in der Historie seines Landes bewandert. Er hilft Maia nur allzu gern, ihre Geschichte zu finden…

Die Charaktere:

Maia und Floriano sind die Hauptakteure in der Gegenwart. Maia ist anfangs eine sehr zurückhaltende Frau, die die Sympathie des Lesers definitiv auf sich zieht. Floriano hingegen ist eher der offene, vielleicht etwas quirlige Typ. Er ist charmant und hilfsbereit. Von Anfang an bietet er sich als Fremdenführer an, der Maia auch dabei hilft, in ihre eigene Vergangenheit einzutauchen und sie immer wieder ermutigt, weiter zu suchen. Darüber hinaus zeigt er ihr ein Leben, das völlig anders ist, als das, welches sie von zu Hause kennt. Im Laufe der Zeit taut Maia langsam auf und öffnet sich für Floriano. Am Ende vertraut sie ihm sogar ihr Geheimnis an, von dem nicht einmal ihr Vater wusste.

In der Vergangenheit wird die Geschichte von Izabela und Laurent und die der Entstehung des Christo erzählt. Izabela soll nach dem Willen ihres Vaters einen Erben des brasilianischen Adels – Gustavo – heiraten, den sie jedoch nicht liebt. Dennoch beugt sie sich dem Wunsch. Gustavo – voll der Liebe für Izabela – gesteht ihr eine Reise nach Paris zu, auf der sie Laurent kennen lernt. Und damit ist ihr persönliches Fiasko vorprogrammiert. Vor diesem Hintergrund erklärt die Autorin herrlich leicht und verständlich die Zusammenhänge in der gehobenen Gesellschaft des 20. Jahrhunderts und der Leser muss einfach mit Izabela lachen und weinen. Die Liebesgeschichte zwischen Laurent und Izabela ist zart, aber keineswegs kitschig. Das hat mir sehr gut gefallen. Izabela ist eine verantwortungsbewusste junge Frau, die sich ihrer Pflichten stets bewusst ist und dafür auch ihr eigenes Glück opfert.

Weniger sympathisch ist dagegen Gustavo. Seiner Familie blieb außer dem Namen und ihrer schier endlosen Überheblichkeit nicht viel. Die Verbindung mit Izabela – Tochter portugisischer Einwanderer – gutheißen seine Eltern lediglich deshalb, weil ihr Vater erfolgreich im Kaffeegeschäft tätig ist und sie damit genügend Geld in die Ehe bringt. Gustavo kann sich nur schwer gegen seine Mutter durchsetzen, obwohl er merkt, dass diese Izabela das Leben zur Hölle macht. Dazu kommt ein schweres Alkoholproblem, mit dem er sich vor seinem eigenen Versagen flüchtet. Die Beziehung zwischen ihm und Izabela hat bei mir offen gestanden hin und wieder einen gewissen Ekel hervorgerufen, weil ich mir Gustavo als einen kleinen widerwärtigen Mann vorstellte.

Die Verknüpfung zwischen der Vergangenheit und Gegenwart stellen Seniora Beatrix und ihre Hausdame Yara da. Sie sind im Grunde der aufklärende Mittelpart. Stück für Stück lässt die Autorin sie die Familiengeschichte erzählen und stellt auch hier wieder wunderbar verständlich die gesellschaftlichen Verbindungen dar. Mit der letztlichen Auflösung lässt sie sich sehr lange Zeit, was die Geschichte bis zum Schluss spannend hält, obwohl der Leser schon recht früh eine Ahnung hat. Und auch, dass sich die Geschichte eigentlich wiederholt, aber durch Maias Entschluss zu einem anderen Ende als damals bei Izabela kam, gefiel mir gut – selbst wenn es etwas vorhersehbar war.

Schreibstil:

Lucinda Riley schreibt in der Gegenwart in der Ich-Form, in der Vergangenheit in der 3. Person. Damit erreicht sie, dass sich der Leser auf die Perspektive der Protagonistin stellt und mit ihr die Geschichte von Izabela erkundet. Stück für Stück – gerade so, als wäre man selbst auf den Fährten der Vergangenheit unterwegs – setzt sich das Puzzle um die Christos Statue und Izabelas persönliche Geschichte zusammen. Der Leser taucht ein in die Dramen, die bedingt durch die damalige Gesellschaft auf der zwischenmenschlichen Ebene entstanden, ohne dass es kitschig wirken würde. Und durch die Erzählung über Brasiliens Wahrzeichen rutscht das Buch nicht in einen ausschließlichen Liebesroman ab. Eher ist es so, dass die Geschichte zwischen Izabela und Laurent ein Bestandteil dieser Geschichte ist, das Buch aber nicht dominiert.

Rileys Schreibstil ist locker und flüssig und lässt sich gut lesen. Obwohl das vorliegende Buch knapp 600 Seiten umfasst, wird es nicht langweilig oder zäh. Immer wieder wartet die Autorin mit neuen, spannenden Situationen und Wendungen auf. Besonders gefallen hat mir der Wechsel zwischen den Zeitebenen. Je weiter die Geschichte fortschreitet, desto deutlicher wird, inwieweit diese miteinander verwoben sind und man hat das Gefühl sich tatsächlich auf eine Reise in die Vergangenheit begeben zu haben.

Etwas Schwierigkeiten hatte ich mit den Namen der Schwestern, da diese doch recht ungewöhnlich sind. Aber die Erklärung der Autorin, nach der sie die Schwestern in der Mythologie fand, ist schlüssig. Darüber hinaus lehnt sie ihre Geschichte an eben diese Mythologie an, schreibt sie am Ende des Buches. Ob der geneigte Mythologie-Kenner dies entdeckt oder nicht, muss ich anderen überlassen. Ich kenne mich hier nicht aus und habe mich demnach auf die Geschichte als solche eingelassen.

Historischer Hintergrund:

Wie gut die Autorin recherchiert hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Für mich aber klingt die Geschichte schlüssig, wie die Statue des Christo auf den Corcovado kam. Darüber hinaus schreibt die Autorin einige Fragen / Antworten im Anhang, die Leser ihrer Bücher immer wieder stellen und erzählt hier u.a. auch über ihre Recherchen. Dies ist durchaus aufschlussreich und bringt zusätzliche Aha-Effekte.

Fazit:

Für Leser, die Geschichten mögen, in denen sich die Vergangenheit mit der Gegenwart vermischt, die Lust haben, über das Wahrzeichen eines Landes zu lesen und das Ganze mit einer zarten Liebesgeschichte garniert haben möchten, ist dies das perfekte Buch. Mir hat es Freude gemacht, deshalb 4 Sterne.