Rezension

Gelungenes Debüt, aber kein Thriller!

Himmelskinder - Marion Feldhausen

Himmelskinder
von Marion Feldhausen

Bewertet mit 4 Sternen

(40)

Ich gebe zu, ich bin kein großer Krimikenner, habe in diesem bereich kaum Bücher gelesen. Aber dieses Erstlingswerk von Marion Feldmann hat mein Interesse geweckt, als es bei WDR2 kurz vorgestellt und besprochen wurde. Daher habe ich mich bei LB um ein Exemplar für eine Leserunde beworben und hatte Glück - in zweierlei Hinsicht, denn das Buch hat mir gut gefallen!
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Inhalt:
Erik Alvermann und sein Polizeiteam werden mit zwei Fällen konfrontiert, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben: Ein Mann liegt tot in einem Hotelzimmer, Suizid sowie Mord kommen als Ursache in Frage. Und ein Mädchen wird im nahe gelegenen Park gefunden, halb tot, übel zugerichtet und missbraucht sowie mit Drogen vollgepumpt - ein offensichtlicher Fall von Kindesmissbrauch. Alvermann und Team forschen gründlich, glücklicherweise können sie auch auf einen Zeugen zurückgreifen, der das Mädchen gefunden und auch zwei Männer gesehen hat, die dasselbige in die Büsche "weggeworfen" haben. Ist ein Kinderpornoring wieder aktiv, der 1999 schon einmal ausgehoben, aber dessen zum Teil aus den höchsten Kreisen stammende Kunden nicht belangt werden konnten? Wie gehen Alvermann und Co. diesmal vor? Bei ihren Recherchen geraten die Beamten so manches Mal in die (wörtliche!) Schusslinie der Täter ...
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Meinung:
Um es gleich vorwegzusagen: Ich mochte das Buch und habe es sehr gerne und auch zügig durchgelesen. Das liegt zum einen an dem rasanten Fortlauf der Geschichte sowie an den doch recht kurzen Kapiteln, deren Kürze sicherlich nicht jedermanns Geschmack treffen werden. Mir kam dieser Stil sehr gelegen, weil ich nämlich immer schnell wissen wollte, wie es weitergeht. Zum anderen überzeugt Frau Feldhausen mit einem zügigen, auf den Punkt gebrachten Schreibstil mit vielen Dialogen. Dabei erinnert mich die Machart des Romans sehr an Kriminalfilme á la "Tatort", in denen die Ermittler im Zentrum stehen und Schlag auf Schlag neue Erkenntnisse gewinnen, Spuren folgen bzw, diese wieder verwerfen müssen.
Actionreich ist die Handlung des Romans dabei nicht unbedingt. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf den Ermittlungen durch Erik Alvermann und sein Team. Dabei wird auch nicht mit den unschönen und auch manchmal langweiligen Seiten des Polizistenleben gespart: Sackgassen bei den Ermittlungen, viel zu lange Arbeitstage, ungesundes Essen, Kollegenhierarchien, Alkoholosmus etc. Diese Realitätsnähe sowie Alltagsbeschreibungen haben mir sehr gefallen, zeigen sie die Polizeiarbeit, wie sie oftmals ist: kein Superheldentum, keine Spitzenbeamten mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, kein gnadenloses Expertentum, keine Alleskönner. Sehr wohltuend :-)! Das Thema Kinderpornographie ist natürlich sehr brisant, und manche Ausführungen der Autorin sind schrecklich und traurig genug, aber sie geht nie ins Detail oder führt dem Leser Ekelszenen vor Augen: In dieser Hinsicht haben eher die leisen Töne Vorrang, obwohl gerade dadurch Erschütterung ausgelöst wird. Action habe ich in diesem Roman auch nicht vermisst, die Handlung wird an sich stetig vorangetrieben, neue Spuren müssen verfolgt werden und bringen das Team sowie den Leser immer näher an die Auflösung der Fälle.
Die Figuren, also Protagonist Erik Alvermann sowie sein Team, sind so ein bisschen der Knackpunkt des Buches. Einerseits stehen sie als Ermittlungsteam im Zentrum der Handlung, der Leser erfährt die meisten Erkenntnisse durch ihre Augen bzw. Dialoge. Dabei werden hin und wieder Infos über ihr Privatleben und ihre Beziehungen untereinander sowie zu Kollegen eingeworfen, wodurch die einzelnen Charaktere durchaus Konturen erhalten. ABER: Dies ist eindeutig zu wenig für meinen Geschmack, denn einige aus Alvermanns Team bleiben einfach total blass und austauschbar. Wer sind z.B. Johanna König, Bulleken oder Meiners? Ab und zu blitzen Charakterzüge auf, aber bis zum Schluss hatte ich kein klares Bild von KEINEM der Figuren vor Augen! Ich bin zwar kein Leser, dem alles auf dem Silbertablett präsentiert werden muss oder der immer einen Erklärbär braucht. Im Gegenteil, ich mag es, wenn ich rätseln darf, was es womit auf sich hat. Dieses zum Mitdenken Animieren vermag die Autorin wirksam in ihr Debut einzubauen, aber oftmals werden zu wenige Häppchen ausgestreut, um den Leser gewisse Dinge zu verdeutlichen. Die Stärke von Frau Feldhausen ist auch gleichzeitig ihre Schwäche ...
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Fazit: Ein gelungenes Debüt mit Luft nach oben, wie ich finde! Sehr realitätsnahe Polizeiarbeit und Figuren mit Ecken und Kanten. Virtuoser, schneller Schreibstil mit vielen Dialogszenen, die zur Lebendigkeit beitragen. Oftmals aber zu wenige Informationen über die Charaktere, die dadurch etwas farb- und konturlos bleiben, was eine Identifikation und wirkliches Mitleiden/Mitfiebern erschwert.
Marion Feldhausen schreibt bereits an einem 2. Roman über Alvermann und Co., ich denke, das werde ich mir auch zu Gemüte führen :-).
4 von 5 Sternen