Rezension

Genial!

Krähe und Bär. Die Sonne scheint für uns alle. - Martin Baltscheit

Krähe und Bär. Die Sonne scheint für uns alle.
von Martin Baltscheit

Die Sonne scheint für uns alle. Dass aber nicht jedes Leben sonnig ist, und es der Sonne anscheinend völlig egal ist, für wen sie scheint, erzählt uns ein Bär, der ein trostloses Dasein hinter engmaschigen Zäunen und dicken Mauern eines Zoos lebt. Er kennt nur dieses Leben, denn er wurde hier geboren und trotzdem trägt er eine tiefe Sehnsucht nach Freiheit in sich, die ihn jeden Tag aufs Neue traurig macht.  Während der Bär jeden Tag mit seinen trostlosen Leben hadert und sich nichts weiter wünscht als frei zu sein, gibt es eine kleine freche Krähe, die ihn sehr um sein Leben beneidet. Drei Mahlzeiten am Tag ohne etwas dafür zu tun - dafür würde sie sich liebend gerne einsperren lassen. Dann bietet sich die für beide die Möglichkeit ihre Körper zu tauschen – die Chance ihres Lebens: Freiheit gegen geregelte Mahlzeiten …

Für sein brandneues Kinderbuch „Krähe und Bär. Die Sonne scheint für uns alle.“ hat Martin Baltscheit sich zwei wunderbare literarische Figuren erschaffen, die sehr divergent sind. Eine rotzfreche, magere Krähe, die in Freiheit leben darf, aber täglich gegen und mit dem Hunger kämpfen muss. Dieser Krähe stellt der Autor auf kontrastreiche Weise einen riesigen und dicken Bären, mit feinen Manieren zur Seite, der ein trostloses Leben in Gefangenschaft in einem Zoo führt, und nichts für seine Mahlzeiten tun muss. So hat jeder sein Päckchen zu tragen …
Baltscheits kindgerecht verpackte, tiefgründige und philosophische Themen lassen sich auf viele aktuelle Situationen übertragen. Vordergründig geht es um eine besondere Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher Wesen, die erst nachdem sie einige Vorurteile aus ihren Gedanken verbannt haben, zueinanderfinden. Und um die Freiheit und darum, dass niemand wirklich frei ist, wenn irgendwo unüberwindbare Mauern und Zäune errichtet werden. Ein weiteres Thema handelt von einem nicht geschätzten Leben im Überfluss, während in einem anderen jeden Tag aufs Neue ums nackte Überleben gekämpft wird.

Ich bin ein bekennender Martin Baltscheit Fan und mit jedem gelesenen und gehörten Werk wächst meine Begeisterung für dieses geniale Multitalent. Impulsiv und ausdrucksstark vereint der Autor Themen, die mich sehr bewegt haben. Womöglich wird jeder Leser dieses Buch mit seinen wichtigen Botschaften auf seine eigene Weise erleben. Die einen werden es als urkomisch und andere werden ins Grübeln geraten. Ich muss gestehen, dass mich dieses Buch wegen der Thematik sehr betroffen gemacht hat. Auch wenn ich Baltscheits Humor sehr schätze, konnte er mich in seinem neuen Werk nicht wirklich mit den humorvollen Szenen trösten. Und auch nach dem Lesen wirken einige Szenen dieser Geschichte nach. Aber auch das macht ein gutes Buch für mich aus.

Was mich ein bisschen an Martin Baltscheits großartigem Kinderbuch „Nur ein Tag“ gestört hat, waren die filigranen und zuckrig süßen Illustrationen von Wiebke Rauers. Nicht weil diese so unansehnlich waren, sondern einfach weil ich den etwas gröberen Stil von Martin Baltscheit bevorzuge. Nachdem ich „Krähe und Bär“ gelesen habe, kann ich nachvollziehen, warum der Autor sich erneut mit Wiebke Rauers zusammengetan hat, denn sie kann nicht nur zuckrig süß. So untermalt sie auch die richtig lauten Szenen gekonnt mit eindrucksvollen und ausdrucksstarken Illustrationen. Alles harmoniert miteinander. Selbst der Text, der in verschieden Passagen aus der Reihe tanzt und unterschiedlich koloriert ist, fügt sich perfekt ein.

„Krähe und Bär. Die Sonne scheint für uns alle.“ von Martin Baltscheit ist für mich persönlich wieder ein besonderes Leseerlebnis. Es hat mich sehr berührt und oft schweiften meine Gedanken ab und das Gelesene bestärkte mich Mauern einzureißen, um mich nicht zu verschließen. Aber auch darin, dieses Buch an eine Freundin weiterzugeben, die sehr gerne Zoos besucht.
 

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