Rezension

Genremix aus Romanbiographie, Gesellschaftsroman und historischem Krimi

Experte in Sachen Mord -

Experte in Sachen Mord
von Nicola Upson

Bewertet mit 4 Sternen

Vorab:

Mit „Experte in Sachen Mord“ präsentiert die Autorin Nicola Upson einen kreativen Genremix aus Gesellschaftsroman, Cozy Crime und biographischer Fiktion, da es sich bei ihrer Protagonistin um die Dramaturgin Josephine Tey (1896 – 1952) handelt, wobei JT ein Pseudonym war, eigentlich hieß die Krimiautorin Elizabeth Macintosh; für’s Theater benutzte sie ein männlich klingendes Pseudonym.

Schauplatz Großbritannien:

Im Jahr 1934 reist Josephine Tey von Schottland nach England; in London bricht ihr Theaterstück „Richard von Bordeaux“ alle Rekorde. Das will gefeiert werden! Im Zug lernt Tey einen weiblichen Fan ihrer Stücke kennen mit dem sie eine angeregte Unterhaltung führt. Josephine ist erschüttert, als sie erfährt, dass ihre Mitreisende ermordet aufgefunden wurde & dass der Täter das Opfer Elspeth zynisch „in Szene“ gesetzt hat. Handelt es sich womöglich um einen Serienmörder? Bald darauf nimmt Archie Penrose von Scotland Yard die Ermittlungen auf – unterstützt von Josephine, die für ihn keine Unbekannte ist…

Besonders gut gefiel mir die nuancierte Figurenzeichnung – der sensible Archie Penrose hat noch unter den Folgen des „Großen Krieges“ zu leiden und auch Josephine scheint ein eher introvertierter Mensch zu sein, was die beiden jedoch nicht davon abhält, leidenschaftlich für Gerechtigkeit zu kämpfen. Nicola Upson gelingt es ferner, die Atmosphäre der Insel in der Zwischenkriegszeit glaubwürdig abzubilden – ich hatte beim Lesen tatsächlich das Gefühl, mich im United Kingdom der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts zu befinden.

„Experte in Sachen Mord“ ist – stilistisch gesehen – auf den ersten Blick ein klassisches Whodunit nach Art einer Agatha Christie, da der Erzählton ruhig und das Pacing langsam ist. Allerdings spielen Faktoren wie (sozial)psychologische Analysen eine große Rolle und auch die Welt des Theaters nimmt viel Raum ein, sodass die Krimihandlung zeitweise in den Hintergrund tritt, daher muss man als Leser/in geduldig sein und sich auf die subtilen Hinweise der Autorin einlassen. Ein „Spannungskracher“ ist „Experte in Sachen Mord“ definitiv nicht, die Geschichte hat andere Stärken. Eigentlich bin ich überhaupt keine Freundin von Romanbiographien, Upsons Herangehensweise kann jedoch überzeugen, da sie auch die Sprache der Ära anpasst - nie hatte ich während der Lektüre das Gefühl, dass den Figuren ahistorische Aussagen in den Mund gelegt wurden, und am Ende werden alle Handlungsfäden zufriedenstellend zusammengeführt. Mir hat der Roman gut gefallen, daher habe ich auch einen anderen Band der Josephine – Tey – Reihe auf meine Leseliste gesetzt. Auf die Lektüre des Weihnachtskrimis „Mit dem Schnee kommt der Tod“ freue ich mich schon!