Rezension

Geschichten vom alten Mann

Das verrückte Tagebuch des Henry Shackleford - James McBride

Das verrückte Tagebuch des Henry Shackleford
von James McBride

Bewertet mit 2.5 Sternen

Bevor ich ein Buch rezensiere, versuche ich eigentlich zu vermeiden, mir die Meinung anderer Leser durchzulesen oder im Feuilleton zu schmökern. Da mich aber James McBride mit seinem preisgekrönten Roman über die Zeit kurz vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkrieges etwas ratlos zurück ließ, wagte ich doch ein paar überfliegende Blicke. Es hat mir aber nicht wirklich geholfen. Ganz unbelesen in Sachen Sklaverei bin ich nicht, aber die Story um John Brown kannte ich noch nicht. Ein leicht wahnsinnig wirkender unkonventioneller Kämpfer für die Abschaffung der Sklaverei, der planlos durch den mittleren Westen reitet, hier und da Sklaven befreit, Kämpfer an seine Seite sammelt, wieder verliert und zwischendrin den ein oder anderen Sklavenhalter meuchelt. Ohne seine Armee an Söhnen stände er zeitweise ziemlich einsam da und wäre vor allem ohne Zuhörer seiner Endlosgebete. Irgendwo in Kansas befreit er den armen 12jährigen Henry, indem er dessen Master angreift und Henrys Vater durch einen Querschläger tötet. Aus einem Missverständnis heraus reitet Henry nun als Henrietta an John Browns Seite und erzählt die Geschehnisse aus seiner sehr naiven unbedarften Sicht. Ich muss gestehen, dass ich die letzten 150 Seiten nur noch quergelesen habe, weil ich diesen Erzählstil nicht mehr ertragen, mich schlicht und ergreifend gelangweilt habe. Die Sklaverei in Nordamerika ist unbestritten eine der grausamsten historischen Fakten der neuen Welt. Und der tiefe Graben, der sich zwischen den Norden und den Süden zieht, hat schließlich den Bürgerkrieg ausgelöst, der den Anfang eines Umschwungs begründet. Es ist eine Geschichte, die noch viel zu selten erzählt wird und die neben ihrer Grausamkeit interessant und spannend ist. Doch James McBride und ich werden keine Freunde. Die historische Faktenlage muss man sich selbst anlesen, McBride lässt Henry/Henrietta vor allem von langen Ritten durch die wilden Wälder des mittleren Westens erzählen, vom schlecht organisierten Camping mies gelaunter, gefährlicher Abolitionisten. Von bekloppten wie planlosen Scharmützeln zwischen ihnen und den Rothemden. Von Sklaven, die mit der Freiheit gar nichts anfangen können, weil Freiheit für sie in dieser Gegend einfach nicht vorkommt. Von endlosen Gebeten und Reden John Browns. Alles wiederholt sich irgendwie im Laufe der Handlung. Nichts ändert sich. Und jegliche Spannung wird vom kindlichen Erzähler durch seine permanenten Andeutungen „Es war ein Fehler diesen und jenen gehen zu lassen und am Ende sollte der alte Mann dafür einen hohen Preis bezahlen“ sofort im Keim erstickt. Einzig Henrys Zeit in einem Bordell konnte mich fesseln. Hier hat man ein Gespür für die Zeit und ihre Menschen bekommen. Den Blick darauf gelenkt, was Sklaverei für die Sklaven bedeutete und dass der wilde Westen diesen Namen nicht erhielt, um uns in Winnetou-Filmen zu unterhalten, sondern weil die Gesetze der zivilisierten Ostküste hier einfach anders ausgelegt wurden.

Vielleicht bin ich einfach nicht der richtige Leser für James McBrides Roman und Henry hat mich eben auf dem falschen Fuß erwischt. Ein objektives Fazit fällt mir schwer und so bleibe ich bei einem schlichten: Mir persönlich hat das Buch nicht gefallen.