Rezension

Grace und Macao konnten mich nicht komplett überzeugen

Der Duft von Tee - Hannah Tunnicliffe

Der Duft von Tee
von Hannah Tunnicliffe

Zum Inhalt:

Jobbedingt folgt Grace ihrem Mann Pete von London nach Macao. Sie freuen sich auf ein neues Leben an diesem exotischen Ort. Doch dann erhalten sie die bittere Nachricht, dass sich ihr sehnlicher Kinderwunsch nicht erfüllen wird. Für Grace bricht eine Welt zusammen und auch für Pete ist es alles andere als einfach, diese Nachricht zu verdauen. Erst das von Grace eröffnete Café scheint ihrem Leben wieder einen Sinn zu geben…

Meine Meinung:

"Hier nimmt meine Geschichte ihren Anfang. Mit unserem Leben in der Kälte, im letzten Monat vor dem bevorstehenden Jahr der Ratte. Als wir nicht länger vor der Wirklichkeit davonlaufen konnten; als uns die Realität, die uns den ganzen Weg von Melbourne nach London und von London nach Macao gefolgt war, endlich aufspürte und zur Strecke brachte." (Seite 12)

Realistisch und einfühlsam schildert die Autorin die Folgen der ungewollten Kinderlosigkeit für das Ehepaar Grace und Pete. So eine Nachricht steckt wohl keiner so einfach weg. Gerade dann nicht, wenn man sich von ganzem Herzen eigene Kinder wünscht. Die Kluft zwischen den beiden wird immer größer. Und als Grace dann auch noch ihr Café eröffnet, wird es für das Paar nicht gerade leichter. Die Enttäuschung und Verbitterung von Grace kommt sehr gut rüber, gerade in den sehr emotionalen Briefen, die sie ihrer Mutter schreibt. In dieser Hinsicht konnte ich absolut mit ihr mitfühlen. Und doch konnte ich Grace nicht immer verstehen. Mir persönlich ging der quasi nahtlos stattfindende Übergang von Antriebslosigkeit zu Handlungsdrang zu schnell und ohne klare Begründung vonstatten. Von jetzt auf gleich kriecht sie aus ihrem selbst geschaffenen Loch und steckt voller Tatendrang.

Macao als exotischer Schauplatz konnte mich nicht begeistern und blieb mir fern. Trotz der anschaulichen Beschreibungen hatte ich kein klares Bild vom Monte Carlo bzw. Las Vegas des Ostens vor Augen. Die Lebensumstände und Einwohner hingegen konnte Hannah Tunnicliffe mir sehr gut nahe bringen - vor allem Marjory, Rilla und Gigi. Sie waren für mich das Salz in der Suppe, die Ganache in den Macarons. Mit ihnen konnte ich besser lachen und auch leiden. Sie waren für mich vielschichtiger dargestellt als Grace, die eigentlich die ganze Zeit nur zwischen Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt schwankte. So ist es wohl nicht sehr verwunderlich, dass mir diese drei Damen im Laufe des Buches mehr ans Herz gewachsen sind als Grace.

Positiv aufgefallen sind mir die appetitlichen Kapitelüberschriften. Dank ihnen und der Beschreibungen der Macarons im Buch selbst, lief mir regelrecht das Wasser im Mund zusammen. Den Genuss dieser Köstlichkeiten konnte ich förmlich durch die Seiten in mich aufnehmen. In diesem Punkt hat das Buch bei mir also hervorragend funktioniert, :) Hier findet ihr das Macaron-Rezept von Hannah Tunnicliffe - ich werde es sicherlich irgendwann mal ausprobieren.

Die knapp 400 Seiten ließen sich gut lesen, haben mich im Großen und Ganzen zwar recht gut unterhalten, stellenweise aber auch ziemlich enttäuscht. Vom Ende war ich, gelinde gesagt, nicht gerade begeistert. Es war für mich zwar nicht unbedingt vorhersehbar, kam mir aber zu platt und abgedroschen rüber, und hat mein abschließendes Fazit sicherlich negativ beeinflusst.

Somit kann ich mich bei der Bewertung leider nicht zu mehr als drei gut gemeinten Herzen hinreißen lassen.

"Ich weiß, was es heißt, sich verloren zu fühlen. Zu sehen, wie die eigenen Träume sich in Sekundenbruchteilen auflösen. Wie sich die Dinge völlig anders entwickeln, als man es sich vorgestellt hat." (Seite 150)