Rezension

Großartige Satire

Der Schlüssel - Máirtín Ó Cadhain

Der Schlüssel
von Máirtín Ó Cadhain

 

„Die Wege des Öffentlichen Dienstes sind unergründlich.“

Das bekommt der Papierbeauftragte J. , der ganz in seinem Leben im Dienst  der Verwaltung aufgeht, am eigenen Leib zu spüren: sein Vorgesetzter S. hat ihn aus Versehen in seinem Büro eingeschlossen und ist nicht mehr erreichbar. Zwar verfügt J. über einen Zweitschlüssel  -  doch bei dem Versuch, die Tür aufzuschließen, bricht der Schlüssel ab. Während J. versucht, sich aus eigenen Kräften zu befreien, bricht der Feierabend an und er muss die Nacht in seinem Büro verbringen. Am anderen Morgen kommt Hilfe. Doch bevor etwas geschieht, müssen erst Vorschriften und Zuständigkeiten geklärt werden…

Das tragische Schicksal eines kleinen Büroangestellten, der, ohne es zu wollen, in die Mühlen der Bürokratie gerät, wird in großartiger Weise von dem irischen Schriftsteller Máirtín Ó Cadhain (1906-1970) erzählt. Lebendig und mit viel Sarkasmus schildert er, wie Verantwortung und Zuständigkeit hin und hergeschoben werden; die Presse bringt eine Reportage, die Politiker wittern eine Chance, sich ins rechte Licht zu setzen, sogar die Kirche ist vor Ort.

In dieser bitterbösen Satire bringt Ó Cadhain, der schon seinen Zeitgenossen als unbequemer Mensch galt, eine gehörige Portion Gesellschaftskritik an den Leser. Mit spitzer Feder führt er das Wesen des Bürokratismus´ im Öffentlichen Dienst ad absurdum.

Im Anhang des Buches findet der Leser Erklärungen zu speziellen irischen Begriffen, und eine Zeittafel bietet eine Art Kurzbiografie des Autors.

Ó Cadhain veröffentlichte sein Buch im Jahre 1967 in gälischer Sprache, doch die Thematik „Mensch und Bürokratie“ ist sicher nicht auf die irische Nation beschränkt und hat keinesfalls  an Aktualität verloren.