Rezension

Hatte mehr erwartet

Das späte Leben -

Das späte Leben
von Bernhard Schlink

Bewertet mit 3 Sternen

Story teilweise zu oberflächlich bis irreal, sprachlich streckenweise holprig bis fehlerhaft

'Das späte Leben'. Eine Empfehlung in 'Der Zeit'. Anfangs war ich zögerlich, unsicher, ob ich den Roman kaufen soll. Las dann die Leseprobe. Kenne Schlink aus eigener Anschauung von meiner Gasthörerschaft in Jura in den 80iger Jahren an der Uni Bonn. Habe natürlich auch andere Werke von ihm gelesen und gesehen, wie den Vorleser z.B. Ich finde sowohl Schlinks Vita als auch die ganze Thematik rund ums Alter, Abschiednehmen und Tod spannend. Das Cover des Buches empfinde ich persönlich als nichtssagend.

Martin, 76, erhält die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs und soll noch ein halbes Jahr zu leben haben. Seine Frau Ulla, Galeristin, mit der Martin seit 12 Jahren verheiratet ist, ist 20 Jahre jünger und dann ist da noch der gemeinsame Sohn David, 6. Martin lehnt eine Behandlung ab, möchte aber sowohl Frau als auch Kind noch etwas mitgeben, in Erinnerung bleiben. Der Roman weist autobiographische Züge auf (ob Schlink Krebs hat,weiß ich nicht), der Autor ist bei Veröffentlichung des Romans 79 Jahre alt und Jurist wie Martin auch.

Eine traurige Wahrheit, die für uns Älteren gilt, hat mich angesprochen, gerade in Zeiten wie diesen: 'Der Tod würde ihm ersparen, wie die Wälder starben und die Meere stiegen, wie der Krieg zurückkehrte, wie die Zeit der Demokratie endete und die Menschen wieder autoritär beherrscht werden wollten (16) (wollten?)'.

Martin unternimmt viel mit David, Wanderungen u.ä. 'Die Jahre mit ihm und die Erinnerung an die Jahre mit ihm sollten für David ein Grundstock an Gewissheit werden, dass er geliebt war (93)'. Mit Ulla fährt Martin durch die Waschstraße, weil sie das so liebt, und ans Meer.

Schlinks Erzählung weist Formulierungen und Sichtweisen auf, die wirklich metaphorisch toll gelungen sind: 'Nur die Welt kam ihm abhanden. Was in ihr geschah, hatte ihn immer interessiert (…). Jetzt war ihm, als stünde er auf einer hohen Küste und sähe von da aus das Schiff in weiter Ferne (198)'.

Ansonsten bin ich etwas hin- und hergerissen, was die abschließende Beurteilung dieses Romans angeht. Obwohl vermutlich von Diogenes lektoriert, wer weiß das schon, es gibt keinen Hinweis darauf im Buch, wimmelt es nur so von Fehlern, orthographischer, und grammatischer Art und in der Punktion. Wir sprechen da nicht von zwei oder drei übersehenen Fehlern, es gibt Doppelseiten, da habe ich neun Fehler auf einen Schlag gefunden (Ich bin Linguist und recht streng). Die Formulierungen weisen streckenweise Wort-Redundanzen ohne jegliche metaphorische Absicht auf. Des weiteren ist mir Martin nicht wirklich sympathisch geworden. Er wirkt auf mich ein wenig eitel und ich finde, mit 74 Lenzen (Protagonisten-Alter) hätte er das Thema Sexualität vielleicht außen vorlassen können. (Ich bin nicht prüde!:) Ich will nicht spoilern, aber manche Wendungen in der Beziehungskrise sind mir zu soap-mäßig. 26 Taler für schlappe 240 Seiten ist kein Schnäppchen. Aufgrund all dessen gibt es von mir Abzüge in der B-Note und nur eine verminderte Stern-Zahl.