Rezension

Wie nimmt man Abschied?

Das späte Leben -

Das späte Leben
von Bernhard Schlink

Bewertet mit 4 Sternen

Martin schwelgt in Erinnerungen, an den Vortrag, den er in der Kirche gehalten hatte, die junge Frau, die seine wurde. Ulla, die ihm nach sechs Jahren, das größte Glück schenkte, ihren gemeinsamen Sohn David, jetzt ist er sechs. Martin war gerade bei seinem Hausarzt, eine gelegentliche Übelkeit, die ihn heimsucht zu erklären. Nun bleiben ihm noch sechs Monate, wenn alles gut geht. Vielleicht noch zwölf gute Wochen, man weiß es nicht, und danach …

Als er es Ulla am Abend erzählt, weint sie ein bisschen, seine strenge, klare, geordnete Frau weint und rührt ihn. Sie hat die Idee, er könne seinem Sohn ein kleines selbstgedrehtes Video hinterlassen, etwas das David später helfen kann. Sie hatte so etwas einmal in einem Film gesehen. Ein Vater hinterließ seinem Sohn eine Aufnahme, auf der er sich rasiert. Mit der Idee kann Martin sich nicht anfreunden, deshalb schreibt er ihm. 

Martin fängt an David genauer zu beobachten, fängt heimlich seine Gesichtszüge ein, die sein zartes Wesen ausdrücken. Ihm entgeht aber auch nicht, der schelmische Zug um den Mund. David selbst war als Kind eher ängstlich gewesen, konnte sich gegen die Rüpel in der Schule nicht so gut wehren, wie sein Sohn.

Obwohl Martin erschöpft ist, bringt er David morgens immer noch zur Schule. Sie haben ein liebgewonnenes Morgenritual. Ulla bringt Martin einen Kaffee ans Bett, weckt David und macht ihn für die Schule fertig. Martin macht David das Frühstück und bringt ihn zur Schule, während Ulla in ihr Atelier fährt.

An dem zwölften seiner noch guten Tage, hat Martin die Idee Ulla zu überraschen und zum Mittagessen auszuführen. In zweiter Reihe, auf einen Parkplatz wartend, sieht er Ulla aus dem Haus laufen, sich in die Arme eines Anzugträgers werfen. Sie steigen in einen schwarzen BMW und fahren davon. 

Fazit: Die Geschichte entfaltet sich zart. Die Charakter sind fein gezeichnet. Ich erkenne den Protagonisten als einen überkorrekten Mann, sein Wunsch jedem gerecht zu werden, lässt ihn manchmal etwas übergriffig wirken. Bernhard Schlink flicht einige interessante und lebensnahe Konflikte in seine Geschichte und hebt Spannung und Tempo. Alles ist gut gemacht, jedes Wort an der richtigen Stelle. Trotzdem hat Bernhard Schlink mich nicht berührt, konnte in mir keine Gefühle auslösen. Ähnlich, wie bei seiner Geschichte “Der Vorleser”. Am Ende fand ich sie großartig, aber bis dahin hatte ich drei Anläufe gebraucht. Ich merke, dass er Ideen und Überzeugungen seines eigenen Ichs einbringt und vielleicht ist er einfach nicht mein Typ, das beeinflusst natürlich. Nichts destotrotz habe ich so viele positive Resonanzen zu seinem Buch gelesen, dass seine Art zu Schreiben, einfach nur meinen Geschmack nicht zu treffen vermag.