Rezension

Hervorragend

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3) -

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3)
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 5 Sternen

Mit dem Buch „Der Totengräber und der Mord in der Krypta" setzt Oliver Pötzsch seine historische Krimi-Reihe um den Wiener Totengräber Augustin Rothmeyer und dem Kriminalpolizisten Leopold von Hertzfeld fort.
Band 3 der Reihe spielt im Jahr 1895 und entführt uns erneut in eine spannende und wendungsreiche Kriminalgeschichte. Am Anfang stehen zwei zunächst völlig unabhängige Fälle, ein Mordopfer in der Krypta des Stephansdomes und ein vermisster Junge aus der besten Wiener Gesellschaft. Beide entwickeln eine ungeahnte Dynamik. Der Mord an einem jüdischen Arzt greift zudem das damals beliebte Thema Spiritismus auf, während das Verschwinden des Jungen für eine gehörige Portion Sozialkritik sorgt, indem die schrecklichen Zustände in den damaligem Waisenhäusern und generell das Leben und den Umgang mit unterprivilegierten Kindern thematisiert.
Auf persönliche Bitte seines ‐ jüdischen – Vorgesetzten nimmt Leopold von Hertzfeld, selbst jüdischer Herkunft, sich des Mordfalles an, da der Tote ein Freund des Oberpolizeirates war. Bei dem in Wien und auch innerhalb der Polizeibehörde herrschenden Antisemitismus befürchtet er, zu Recht, dass die Ermittlungen nicht sorgsam genug durchgeführt werden würden. Zumal der Kollege von Hertzfelds, der den Fall des vermissten Jungen bearbeitet, seine eigene Antipathie gegen den jüdischstämmigen Kollegen immer wieder zum Ausdruck bringt, was das Arbeitsklima nicht gerade angenehm macht.
Totengräber Rothmeyer, der sich inzwischen auch als Buchautor zu bestimmten morbiden Themen profiliert hat, erweist sich als kenntnisreich, was den Spiritismus angeht, da er gerade an einem neuen Werk zu just diesem Thema arbeitet. Und über seine Adoptivtochter Anna ergibt sich eine Verbindung im Vermisstenfall. Die Tatortfotografin Julia Wolf ist in beiden Fällen mehr als nur am Rande involviert, zumal ihr Jugendfreund, ein aufstrebender Reporter, sowohl ihre persönliche Beziehung zu von Hertzfeld als auch die Arbeit der Polizei ordentlich durcheinanderbringt. Einen pikanten Aspekt bringt auch von Hertzfeld’s aus Graz angereiste Mutter in die Geschichte. Sie will nicht nur Wien kennenlernen sondern auch das neue Leben, das ihr Sohn sich in Wien aufgebaut hat, inklusive seiner „Damenbekanntschaft". Und dann wäre da noch ein bekannter britischer Autor…
Dem Autoren gelingt es hervorragend, ein anschauliches Sittenbild des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit einer spannenden und verblüffenden aber auch sehr tragischen Kriminalgeschichte zu verknüpfen. Dazu kommen neben den schon angesprochenen Themen Antisemitismus und Sozialkritik auch Frauenrechte und neue technische Errungenschaften nicht zu kurz. Dies alles schildert der Autor in wie immer flüssigem Schreibstil, mit der Zeit und dem Ort angepasster Sprache, und mit wunderbarem leisen Humor. Die Ausflüge in den Wiener Dialekt sind einfach herrlich, nicht zu viel und gut verständlich.
Insgesamt ein sehr gelungenes Buch, das beim Lesen so ausgezeichnet unterhält, dass man es nicht weglegen mag. Mehr davon!