Rezension

In der trüben Brühe rühren

Ein Leben lang -

Ein Leben lang
von Christoph Poschenrieder

Bewertet mit 3 Sternen

Die Anfrage der Journalistin kommt unerwartet. 15 Jahre ist der aufsehenerregende Mord her, für den ihr gemeinsamer Freund verurteilt worden ist: lebenslänglich. Nun sollen die promovierte Astronomin Sabine, die Lehrerin Emilia, der Jurist Benjamin, der Musiker Till und der Pressesprecher Sebastian erzählen, woran sie sich von damals erinnern. 

„Ein Leben lang“ ist ein Roman von Christoph Poschenrieder.

Meine Meinung:
Der Roman verfügt über eine sehr klare Struktur. Er gliedert sich in zwei Teile, wobei der erste aus zwei Hälften besteht. Darüber hinaus gibt es insgesamt rund 25 Kapitel. 

Die Geschichte wird weder zeitlich noch räumlich genau verortet. Erzählt wird mit einem Abstand von 15 Jahren in chronologischer Reihenfolge über einen Kriminalfall.

In stilistischer Hinsicht ist der Roman sehr interessant. Es gibt einerseits die als „Memo“ bezeichneten Niederschriften einer nicht näher definierten Journalistin und andererseits die Antworten der fünf Freunde, des Anwalts und des „Gefangenen“. Ein ungewöhnliches und ansprechendes Konzept.

Sprachlich ist der Roman unauffällig und durch die vielen Redeanteile literarisch wenig herausragend. Etwas gestört hat mich, dass sich die verschiedenen Perspektiven in Bezug auf die Sprache kaum unterscheiden.

Die fünf Freunde stehen im Fokus des Romans. Man lernt sie jedoch nur im Gespräch mit der Journalistin kennen. Ihre Biografien bleiben recht blass. Die einzelnen Charakterzüge werden allerdings gut deutlich.

Der Roman basiert auf einem tatsächlichen Mordfall, der 2006 in München passiert ist. Das an sich ist für mich kein Minuspunkt. Geärgert hat mich aber, dass der Autor fast jedes Detail des echten Falls abgekupfert hat und sich lediglich die Mühe gemacht hat, zwei Fakten geringfügig abzuändern. Mit nur einer kurzen Internetrecherche lässt sich der Inhalt des Romans herausfinden. Das ist mir zu wenig Eigenleistung.

Am Ende hat sich bei mir Enttäuschung breitgemacht. Es bleiben viele Fragen offen. Das mag daran liegen, dass der echte Mord ebenfalls nicht komplett eindeutig ist. Man kann natürlich auch argumentieren, dass es dem Autor vorwiegend darum ging, die Freundschaft zu einem verurteilten Mörder zu beleuchten. Das zumindest schildert der Schriftsteller in einer angehängten Notiz. Aber in diesem Aspekt stellt mich der Roman ebenfalls nicht zufrieden. Zu diffus sind die beschriebene Freundschaft zum Verurteilten und die Dinge, die diese ausmachen. Mir war am Schluss immer noch nicht klar, warum die Freunde gegenüber dem Angeklagten so loyal waren. Sein eigentliches Ziel hat der Roman damit meiner Ansicht nach also verfehlt.

Positiv anzumerken ist, dass sich der Roman dennoch süffig liest und nur wenige Längen aufweist. Über weite Strecken bietet er keinen geringen Unterhaltungswert. 

Mein Fazit:
„Ein Leben lang“ von Christoph Poschenrieder ist leider kein ungetrübtes Lesevergnügen. Der gelungene Aufbau und das vielversprechende Konzept gefallen mir gut. In der Umsetzung schwächelt die Geschichte jedoch an mehreren Stellen.