Rezension

Interessantes Zeitgemälde

Die Mutter des Satans - Claudia Beinert, Nadja Beinert

Die Mutter des Satans
von Claudia Beinert Nadja Beinert

Bewertet mit 4 Sternen

„...Denn durch ein Werk der Liebe wächst die Liebe, und der Mensch wird besser. Aber durch Ablässe wird er nicht besser, sondern nur freier von der Strafe...“

 

Hans und Margarethe Luder sind auf den Weg nach Eisleben. Kurz nach der Ankunft gebiert Margarethe ihren Sohn Martin.

Dann wechselt die Geschichte nach Wittenberg. Martin Luthers Tochter Elisabeth soll getauft werden. Dazu hat er seine Eltern eingeladen. Gleichzeitig will Lucas Cranach ein Porträt des Ehepaares anfertigen.

Die Autorinnen haben einen spannenden, abwechslungsreichen und gut recherchierten historischen Roman geschrieben. Im Mittelpunkt steht Margarethe Luder, Martin Luthers Mutter.

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Als besonderen Kunstgriff haben die Autorinnen die eigentliche Geschichte in eine Rahmenhandlung eingebettet. Während Margarethe vor Lucas Cranach sitzt, damit er seine Vorstudien zum Porträt anfertigen kann, schweifen ihre Gedanken in die Vergangenheit.

Gut wiedergegeben wird die Düsternis der Zeitverhältnisse. Das zeigt sich insbesondere in Margarethes Erinnerungen, die lange fast emotionslos sind. Erst mit der Zeit ändert sich das, und sie öffnet sich dem Maler. Als Tochter eines Ratsherrn heiratet Margarethe den Bauernsohn Hans, der ins Mansfelder Land zieht, um Hüttenherr zu werden. Gut beschrieben wird die Landschaft der Gegend. Der Bergbau hinterlässt nicht nicht in der Erde Spuren, er verdreckt auch die Luft. Einerseits möchte Hans von den anderen Hüttenherren als gleichberechtigt angenommen werden, andererseits ist er zu Sparsamkeit gezwungen. Das Leben als Hausfrau und Mutter bringt Margarethe zeitweise an die Grenzen ihrer Kräfte. Das wird erst besser, als eine junge Magd ins Haus kommt. Während der Pest zeigt sich Margarethes mitfühlendes Herz. Doch auch ihre Familie bleibt von der Krankheit nicht verschont. Die Folgen der Pest, ihre Bekämpfung und die Überlebenschancen werden ausführlich in die Handlung integriert. Die Streitigkeiten der Mansfelder Grafen haben Folgen für das Hüttenwesen und für die Meinung zu Martins Thesen. Aberglaube ist ein Zeichen der Zeit. Für Missernten, Pest und Probleme im Berg braucht es Schuldige. Gleichzeitig wird deutlich, wie tief damals der Tod ins Leben integriert war.

Martins Entschluss, Mönch zu werden, führt zum Ausschluss aus der Familie. Trotzdem lässt er den Kontakt nie abbrechen. Eine besondere Rolle spielt dabei der Jurist Johannes, Margarethes Bruder.

An vielen Stellen werden die Unterschiede zwischen Martins Lehre und der althergebrachten Meinung deutlich herausgearbeitet. Obiges Zitat stammt aus einem seiner Werke, das Johannes vorliest. Auch das Ablassgeschäft mit seinen Irrungen und Wirrungen wird gekonnt erläutert.

In der Rahmenhandlung werde ich mit den Maltechniken des Lucas Cranach und seiner Werkstatt vertraut gemacht. Im Gegensatz zu Luders Heim herrscht hier eine offene und aufgeschlossene Atmosphäre.

Sehr gut gefallen hat mir, dass sich die innere Wandlung der Protagonisten verfolgen durfte. Zu den sprachlichen Höhepunkten gehört für mich Margarethes Plädoyer über die Mutterliebe. Wenn es um ihre Kinder geht, dann zeigt sie Gefühle, die sonst tief in ihr verschlossen sind.

Ein Personenverzeichnis zu Beginn, ein Glossar, die Wiedergabe von drei Fabeln, bibliographische Hinweise und ein Nachwort, das Wirklichkeit und Fiktion trennt, ergänzen das Buch.

Das in hellem Beige gehaltene Cover mit der etwas dunkleren Umrandung zeigt auf schwarzen Untergrund das Bildnis von Margarethe Luder.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Autorinnen haben es verstanden, aufzuzeigen, wie Luthers Wirken in seiner einstige Heimat angekommen und beurteilt wurde. Gleichzeitig führt mich die Familiengeschichte zu den Wurzeln seines Handelns.