Rezension

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Joseph Maria Nechyba ermittelt

Schönbrunner Finale - Gerhard Loibelsberger

Schönbrunner Finale
von Gerhard Loibelsberger

Bewertet mit 5 Sternen

viel mehr als ein historischer Kriminalroman

2009 begann Gerhard Loibelsberger mit den "Naschmarkt Morden" eine Serie historischer Kriminalromane rund um den Oberinspektor Joseph Maria Nechyba, Passend zur Epoche, in der die Romane spielen, schmücken Klimt-Gemälde die Titelseiten. Man kann allerdings die einzelnen Bände auch unabhängig voneinander lesen. 

Mit "Schönbrunner Finale" ist Loibelsberger nicht nur ein historischer Krimi gelungen, der Leser lernt außerdem äußerst unterhaltsam jede Menge politische und geschichtliche Information über diese Zeit der Umstürze. Es versteht sich von selbst, dass er alles sauber recherchiert hat. 

Zum Inhalt: Wien im August 1918: Das Kaiserreich wurde, nachdem der 1. Weltkrieg verloren war, zahlreiche junge Männer geopfert wurden, das Volk hungerte, von Unruhen geschüttelt. Dies betraf nicht nur Österreich, sondern auch Kroatien, Ungarn, Tschechien, Italien, Deutschland usw. Der Autor beschreibt dieses Szenario sehr anschaulich: Der Schwarzhandel blüht, Lebensmittel sind knapp, was auch der Genußmensch Nechyba zu spüren bekommt, Verwundete, die oft invalide und verbittert sind, kommen nach Hause, wie z.B. der junge Gotthelf. Waren sie doch nichts anderes als Kanonenfutter. Unmut gegen den Kaiser macht sich breit und Aufständische formieren sich. Das Ganze endet damit, dass der Kaiser den Umbau der Monarchie in einen Bundesstaat ankündigt und aus Schönbrunn flieht. In dieser Szenerie geschehen verschiedene Morde - Gotthelf wird erschlagen, die alte Eigensperger wird erstickt, einige rafft die spanische Grippe dahin. 

Die Figuren sprechen Wienerisch. Das macht sie ganz besonders charmant. Für Leser, die der Sprache nicht mächtig sind, gibt es zahlreiche Fußnoten sowie ein Glossar der Wiener Ausdrücke zur Übersetzung. Für mich war der Krimiaspekt zweitrangig, da mich die geschichtlichen und politischen Ereignisse an sich schon fesselten. 

Ein rundum gelungener und sehr lesenswerter Roman, dem die Bezeichnung historischer Kriminalroman eigentlich nicht gerecht wird. Ich werde sicherlich auch noch die anderen Bände der Nechyba-Reihe lesen.