Rezension

Kleines finnisches Familiendrama

Winterkrieg
von Philip Teir

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Klappentext trfft es eigentlich schon sehr gut: Winterkrieg liefert "Ein zeitloses Bild derer, die alles haben und gerade deshalb nicht glücklich sein können." Hier in Form einer recht wohlhabenden und erfolgreichen Familie, in der niemand wirklich zufrieden ist mit seinem Leben.

Schön ist die Umsetzung des Romans, bei der immer abwechselnd aus dem Leben eines Familienmitglieds erzählt wird. Sei es die perfektionistische Ehefrau Kristiina, die sich vernachlässigt fühlt und zu viel arbeitet. Der in die Jahre gekommene Soziologe Max, der seinen eigenen Ansprüchen nicht nachkommt. Die ältere Tochter Helen die zwischen Familie und Beruf untergeht oder die jüngere Kunststudentin Eva, die nach einer gelösten Verlobung ihren Weg im Leben sucht. Die Entwicklung dieser vier zu beobachten ist interessant und vor allem über Helens hätte ich gerne noch mehr gelesen.

Da es öfter mal zu Namedropping kommt, mach es mehr Spaß diesen Roman zu lesen, wenn man in Soziologie oder neuerer Kunstgeschichte ein kleines bisschen Ahnung hat. Wer will beim lesen schon den Duden (oder Wikipedia) rauskramen, nur um eine paar Anspielungen besser zu verstehen? Hier hätte ich mir das Buch als E-Book gewünscht; da ist der Duden inklusive...

Mir kam der Roman sehr durchdacht vor. Vom Inhalt und auch von der Sprache. Die Sprache die Teir wählt ist sehr ruhig und bedächtig. Ereignisse, die ein anderer Autor zum Drama oder zumindest zum Kliffhanger gemacht hätte, werden hier in ein paar Sätzen, fast wie nebenher erzählt. Das ist einerseits gut, da es wertfrei wirkt und mich persönlich mehr zum drüber nachdenken animiert hat. Auch klingt alles fein und stimmig. Andererseits hat mir der Pfeffer gefehlt. Es wird schnell langweilig, vor allem wenn man sich nicht auf die Geschichte einlässt.

Winterkrieg erzählt also eine interessante Familiengeschichte, bei der jeder Leser sicher seinen Liebling unter den verschiedenen Charakteren finden wird. Ein großes Thema ist die Ehe an sich. Die ruhige Sprache hat mir gefallen, vor allem wenn Teir über Finnland schreibt wird es schön. Wunderbar hat dazu Evas Kunstprojekt gepasst. Auch lässt sich hier und da eine Stelle zum Schmunzeln finden. Leider war mir der Roman letztendlich etwas zu ruhig. Ich weiß nicht, ob ich verstanden habe worauf der Autor hinauswollte. Oder ob er überhaupt auf etwas hinaus wollte. Trotzdem hat Winterkrieg etwas, was nachhaltig im Kopf bleibt, worüber man nachdenken kann. Und das hat mir gefallen.