Rezension

Konnte mich über weite Teile nicht erreichen

Und wir tanzen, und wir fallen -

Und wir tanzen, und wir fallen
von Catherine Newman

Bewertet mit 3 Sternen

Schon seit ihrer Kindheit sind Ash und Edi unzertrennlich, BFF forever. Ash kann sich nicht vorstellen, jemals ohne Edi zu sein, doch dann erkrankt Edi an Krebs. Ash ist fest an Edis Seite, aber es gibt keine Heilung mehr für Edi und als das Krankenhaus ihnen rät, ein Hospiz aufzusuchen und in der Umgebung nichts mehr frei ist, nimmt Ash Edi mit in ein Hospiz ihrer Heimat, um in ihrer Nähe zu sein.
Ich glaube, selten ist es mir eine Rezension zu einer Geschichte so schwer gefallen wie bei dieser. Im Klappentext hatte ich gelesen, dass es sich um eine Geschichte über die Freundschaft der beiden Frauen handelt und da ich wusste, dass die Autorin auch, leider, ihre eigenen Erfahrungen mit eingebracht hat, hatte ich mich auf ein sehr emotionales Buch eingestellt, für das ich tonnenweise Taschentücher benötigen würde. Zunächst fiel mir der Einstieg auch sehr leicht, wir erleben das Gespräch des Krankenhauses mit Ash und Jude, Edis Ehemann und da kam die erste Gänsehaut. Zu hören das ein geliebter Mensch nicht mehr lange da sein wird, bricht das Herz, wenn es das Herz nicht sogar zerreißt.
Allerdings nahm der Inhalt dann eine Wendung, die ich nicht erahnt hatte, denn die Geschichte wird in erster Linie von Ash erzählt. Aus der Ich-Perspektive erleben wir sehr viel über ihre Handlungen in der Gegenwart, aber auch über Erlebnisse in der Vergangenheit, die allerdings nicht immer etwas mit Edi zu tun haben müssen. Mit einem wirklich sehr einfachen Schreibstil erzählt die Autorin, wie Ash in ihrem Alltag klar kommt, aber auch wie es ihr gelingt, Edi im Hospiz beizustehen. Hin und wieder gab es Metaphern, die mich zum Stirn runzeln brachte, aber auch einige sehr ironische Sätze, die mir wiederum gut gefielen und auch mir in solchen Situationen durchaus einfallen könnten.
Ab dem Moment im Hospiz beginnen auch meine Schwierigkeiten mit der Geschichte, denn ich hatte eine Geschichte über die Freundschaft der beiden erwartet, etwas mehr darüber, warum sie so eng miteinander verbunden waren. Vielleicht in der Zeit, in der es im Hospiz noch möglich war, intensive Gespräche, doch wenn diese aufkamen, dann nur nebensächlich.
Vielmehr steht Ash im Mittelpunkt, was ich nicht weiter schlimm empfunden hätte, aber ihre Handlungen waren für mich teilweise so selbstzerstörerisch und nicht nachzuvollziehen, dass ich mich nicht mit ihr identifizieren konnte. Natürlich habe ich verstanden, dass es einen selbst innerlich zerstört, einen geliebten Menschen beim Sterben zu begleiten und jeder Mensch reagiert anders auf Extremsituationen, aber manches erschien mir pietätlos. Für mich kamen hier keinerlei Emotionen auf und Ash ging mir, wenn ich ehrlich bin, auf die Nerven. Das tut mir unheimlich leid, denn ich weiß ja, was sie durchmacht, aber erst auf den letzten 80 Seiten wurde die Geschichte für mich emotionaler und konnte mich eher berühren. Viele Wahrheiten rund um Ash kamen heraus und brachten mir zumindest für das ein oder andere Verständnis und Ashs Wandlung fand ich gut und plausibel.
Ich glaube, meine Gefühle gegenüber der Protagonistin habe ich genügend kundgetan. Kommen wir zu Edi, von der ich, was Gefühle, Gedanken und Wünsche angeht, viel zu wenig erfahren habe. Was die beiden Freundinnen so intensiv verbindet, blieb mir fern.
Ansonsten gibt es hier einige Nebencharaktere, die aber deutlich blasser bleiben. Ashs Nochehemann Honey, Jude, Jules und Jonah, bei denen ich immer nachdenken musste, wer das nun war, was ich erst zum Ende wirklich raus hatte und noch viele mehr. Besonders Belle, Ashs jüngere Tochter, fand ich großartig gezeichnet und über weite Teile eine Stütze für Ash.
Mein Fazit: meine Erwartungen an die Geschichte waren in erster Linie einfach ganz andere. Ich dachte an etwas wie bei Rabbit Hayes damals, aber durch Ashs Art, mit der ich mich einfach gar nicht identifizieren konnte, fiel mir das Buch über weite Teile unheimlich schwer. Da es aber darum geht, wie man als Betroffene mit der Situation der Sterbebegleitung umgeht, hätte ich mich einfach mehr in die Protagonistin einfühlen müssen, was mir leider nicht gelang. Dafür sind wir zu verschieden und Ash blieb mir fremd. Erst die letzten Seiten brachten für mich eine Veränderung, bei der auch ich mitfühlen konnte. Ich glaube, diese Geschichte polarisiert, entweder kann man vom Beginn an mitfühlen oder es bleibt einem fern. Ich gehöre leider mehr zu letzteren.