Rezension

Küsse on Stage - Band 2 der "Rockstar-Passion-Reihe"

Küsse on Stage - Alexandra Fischer

Küsse on Stage
von Alexandra Fischer

Bewertet mit 5 Sternen

Du willst einen Liebesroman lesen, der mehr bietet, als "nur" eine Lovestory? Dann bist du hier richtig! Alexandra Fischer führt dich mitten in den "Rockzirkus" - authentisch & spannend erzählt, wo es für Künstler schwierig sein kann, ihre Beziehungen zu gestalten ...

Gute Recherche oder eigenes Erleben? Auf jeden Fall ein toller Roman!

Inhalt

"Küsse on Stage" von Alexandra Fischer ist der zweite Band der "Rockstar Passion-Reihe", lässt sich aber unabhängig vom Vorläufer lesen. 

Erzählt wird die Geschichte der jungen Bandmanagerin Al (Kurzform von Almond), die ihren Traum lebt: mit einem Rockmusiker liiert zu sein und als Managerin auf Tour mit zwei Bands zu gehen. Dumm nur, dass die Anforderungen ihrer Beziehung, die Betreuung einer aufstrebenden Rockgruppe mit allerlei Flausen im Kopf und die ständigen Kollisionen mit einer Kollegin, die den Rockzirkus ausschließlich von der materiellen Seite aus betrachtet, den Traumtrip immer mehr in eine albtraumhafte Überforderung verwandeln. Almonds Beziehung gerät ins Wanken, die Jungrocker laufen aus dem Ruder und das Plattenlabel, das sie finanziert, versteht diesbezüglich keinen Spaß! Am liebsten würde Al einfach das Weite suchen - und finden, doch einfach aufzugeben ist keine Option, denn mit tiefen Gefühlen jongliert niemand leichtfertig, echte Freunde lässt man nicht im Stich und wahrhaftige Überzeugungen verdienen es, dass man zu ihnen steht!

So wirkt der Roman auf mich

Mich hat das Lesen fasziniert! Gekonnt stellt die Autorin dar, wie ein junger Mensch lernt, sich Herausforderungen zu stellen: mal mutig, mal gezwungenermaßen, mal pfiffig, mal naiv ... Wie das im Leben so ist. Aktion und Reaktion im Plot haben mich gefesselt, die Charaktere empfinde ich als stimmig.

Natürlich macht es Spaß, dass hier nicht von Lieschen Müller aus dem Lebensmittelladen an der Ecke berichtet wird, sondern vom Musikbusiness und der großen weiten Welt. Alltag erlebe ich immer; da möchte ich etwas lesen, das mich gedanklich an einen anderen Schauplatz trägt. Bei "Küsse on Stage" klappt das prima.

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Gute Recherche oder eigene Erfahrungen?

Es gibt eine Menge Liebesromane, in denen aus gutem Grund nicht allzu detailliert das Umfeld der Lovestory geschildert wird. Die Verfasser haben sich nicht mit einer Recherche "belastet." Liest man solche Werke aufmerksam, können manche unfreiwillig komisch werden - wie beispielsweise der im Mittelalter spielende historische Roman, in dem der Verfasser lässig seine Protagonisten einen Putenbraten genießen lässt. Putziger Fehler! Dabei wäre es so einfach gewesen, einen Gänsebraten zu servieren! Die ersten Puten / Truthähne kamen etwa zwischen 1520 und 1540 aus Amerika nach Europa, also lange nach dem Ende des Mittelalters. Es ist eben doch keine so gute Idee, einfach mal frei von der Leber weg zu schreiben nach dem Motto: Auf die Erzählung kommt es an - Details werden überbewertet. Allerdings wird eine so entstehende Story insgesamt unglaubwürdig, wenn der Rahmen nicht stimmt, wenn sich Fehler in den Einzelheiten einschleichen. Ich finde daher: Recherche ist ein Muss!

Vom Rockzirkus im Bereich Metal / Hardrock verstehe ich so viel, dass ich mit Kompetenz sagen kann: Respekt, Alexandra Fischer! Entweder es wurde sorgfältig recherchiert für das vorliegende Buch oder diese Schriftstellerin hat Kontakte bzw. Berührungspunkte mit der Szene. Jedenfalls sind die Abläufe rund um einen Auftritt oder das Leben im Tourbus ebenso treffend wie zutreffend beschrieben, wie die Aktivitäten der großen und kleinen Label in der Branche oder der Umgang mit Fans sowie Medien.

Amüsante Frage am Rande: Ob die Musiker von Guns `n Roses ahnen, dass sie Teil eines fiktionalen Werkes geworden sind …?

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Ein Herz für Künstler, kein Herz für Kommerz

Überzeugend stellt die Autorin dar, wie Big Data auch den Musikmarkt verändern: Große Musiklabel erforschen den Markt und die Bedürfnisse eines Publikumssegments, um es dann gezielt mit einem Produkt zu versorgen, das zu den zuvor ermittelten Profilen passt - und das sich dementsprechend gut verkauft. Das Phänomen ist mit sogenannten, schnell in der Öffentlichkeit verschlissenen Boygroups erstmals "massenhaft" aufgetreten, aber es hat längst alle Musikgenres erreicht. Maßgeschneiderte Biografien, aufgeklebt auf sorgfältig gecastete Typen, hinter denen hoch spezialisierte Stylisten stehen, werden buchstäblich konfektioniert. Der individuelle Künstler bleibt im gnadenlosen Wettbewerb mit seinen Ecken und Kanten dabei oft auf der Strecke, will er oder sie nicht „brotlos“ bleiben. Das Thema "Freiheit in der Kunst versus Kommerz" bespricht die Autorin kompetent - und ganz in meinem Sinne. Das gefällt mir natürlich! 

Als Schriftstellerin wird ihr das "Getriebensein des Künstlers von seiner Kreativität" ebenso wenig fremd sein wie der Druck, der auf die Freiheit künstlerischen Schaffens ausgeht, weil Verlage auf dem Buchmarkt ebenso wie Institutionen im Musikbusiness nun einmal keine Wohlfahrtsinstitute sind, sondern sich am Publikumsgeschmack und der Rentabilität ihres Tuns orientieren müssen.

Kunst kommt von künden – Künstler brauchen demnach mehr als das stille Kämmerlein: Sie benötigen ein Publikum als „Empfänger“ ihres Schaffens., und zwar so nötig wie die Luft zum Atmen. Fehlt dieser Empfänger, bleibt ihr Schaffen unvollständig. Aus der Notwendigkeit heraus, sich dieses Publikum zu verschaffen, entstehen für Kunstschaffende aller Art vielfältige Probleme: Sie passen sich möglicherweise irgendwann verzweifelt, weil ihre Arbeit kein Echo findet, den Erfordernissen des Marktes an, beginnen sich zu verbiegen, Überzeugungen aufzugeben, die sich an irgendeinem Punkt jedoch als lebenswichtig erweisen. In diesem Dilemma stehend und daran scheiternd sind schon viele Künstler in der Drogensucht gelandet, haben ihre Beziehungen ruiniert und / oder fanden sich irgendwann auf einem Dach wieder, mit der Möglichkeit liebäugelnd, kurze Zeit wirklich zu fliegen … Mit Morris und Rob hat die Autorin gleich zwei Charaktere entwickelt, die diese Facetten des Künstlerdaseins sehr glaubwürdig repräsentieren. Klasse!

Fazit

Wirklich gut erzählt, im Hinblick auf Cover und Orthografie eine saubere handwerkliche Arbeit und deutlich mehr als "nur" eine Lovestory, denn hier wird auch ein Adoleszenzroman erzählt und die Auseinandersetzung mit wichtigen gesellschaftlichen Fragen in Bezug auf Kunst & Kommerz gesucht.

Daher gerne ✪✪✪✪✪.