Rezension

Leider mehr Erzählung als ein Roman

Realitätsgewitter - Julia Zange

Realitätsgewitter
von Julia Zange

Bewertet mit 3 Sternen

INHALT:
Marlas Leben ist ein einziges Realitätsgewitter. Wenig Sex, viel iPhone. Viel Bewegung, wenig Sicherheit. Sehr globalisiert, aber immer noch ganz schön deutsch. Marla funktioniert perfekt. Sie hat immer die richtige Maske auf. Doch plötzlich bekommt ihr hochglänzender Panzer kleine Brüche. Plötzlich ist da eine schwere Traurigkeit, die langsam von ihrem Bauch nach oben spült. Um nicht zu ertrinken, macht sie sich auf den Weg zurück in ihr Heimatdorf. Und landet schließlich auf Sylt. Eine Reise ins Erwachsenwerden und zu sich selbst.

COVER:
Das Cover ist ein Eye-Catcher, obwohl sich mir der Bezug zur Katze nicht wirklich erschließt, auch nach dem Lesen nicht. Trotzdem finde ich es sehr schon schön und wenn das Licht richtig darauf fällt, dann leuchten die gelben Augen der Katze. Wie nicht anders vom Aufbau Verlag gewohnt, ist eines der auffälligsten und schönsten Cover dieses Jahr für mich.

MEINUNG:
Dies war mein erster Roman von Julia Zange. Bis dato habe ich nie etwas von ihr gehört. Im Laufe des Lesens habe ich aber mal zu ihr recherchiert, weil es mich immer sehr interessiert, ob der Autor auch wirklich in der Stadt geboren ist, in der der Roman spielt. Ich bin selbst in Berlin geboren und aufgewachsen. Julia Zange es nicht. Das Bild, welches Julia Zange in dem Roman von Berlin gegeben hat, kam mir sehr fremd vor. Ich muss dazu sagen, dass ich seit fünf Jahren in Hamburg lebe und natürlich verändert sich eine Stadt in der Zeit, aber ich habe immer mehr das Gefühl, dass die Stadt von Zugezogenen geprägt ist. Die Dinge, die man Berliner gerne zuschreibt, kann weder bei mir selbst feststellen, noch bei meinen Freunden, die wirklich auch echte Berliner sind.

Julia Zange vermittelt in diesem Roman ein ultra-hippes, modernes Berlin, das überflutet ist mit viel internationalem Publikum. Das ist zumindest mein Eindruck aus diesem Roman. Marla, selbst zugezogen, also keine echte Berlinerin, hat nur internationale Freunde/ Bekannte bzw. umgibt sich mit diesen. Das vermittelt natürlich auch ein gewisses Bild der Stadt, kann aber auch an Marla selbst liegen, was ich nicht ausschließen will.

Man muss ganz klar sagen, dass man auch der englischen Sprache mächtig sein muss für diesen Roman, denn die Autorin übersetzt die Gespräche nicht. Das wirkt natürlich authentisch, jung und modern, aber ich finde sie schließt damit auch gewisses Publikum aus bzw. verfolgt die allgemeine Erwartung, die in Deutschland herrscht, nämlich dass jeder fließend Englisch kann. Mich hat das persönlich ein bisschen gestört, auch wenn ich die Sätze gut verstanden habe.
Eine gute Geschichte braucht meistens nicht viele Seiten, aber hier waren es einfach zu wenige Seiten. Ich konnte keinen richtigen roten Faden erkennen, geschweige denn eine Handlung. Es vielmehr eine Momentaufnahme aus Marlas Leben. Es mehr Erzählung als ein Roman. Die Seiten sind nur so dahin geflogen, doch am Ende wusste ich nicht recht, was ich davon halten sollte. Eigentlich beschreibt der Klappentext auch schon die komplette Handlung.

Marla ist Anfang 20 und weiß nicht so recht, was sie mir ihrem Leben anfangen soll. Sie lebt zunächst vom Geld ihrer Eltern, hat das Studium nach den ersten 2 Wochen abgebrochen und lebt ohne Ziel in den Tag hinein. Die Klappentext beschriebene Traurigkeit ist allerdings immer spürbar. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass Marla vorgibt perfekt zu sein. Die Menschen, mit denen sie verkehrt, kennt sie eigentlich überhaupt nicht richtig. Natürlich erzählt sie denen nicht ihre ganzen Sorgen und Probleme. Das wirkt eher authentisch als in irgendeiner Art gezwungen. Dieses Zitat beschreibt ihre soziale Situation recht gut:

„Für den Rest des Abends schweigt mein Telefon. Obwohl ich 1675 Facebook-Freunde habe.“ – (S. 94)

Man spürt recht schnell, dass Marla einsam und irgendwie verloren ist und einfach irgendwo einen Rückhalt und Geborgenheit sucht. Zunächst dachte ich, dass sei für dieses Alter relativ normal, bis sie in ihre Heimat fährt. Den Eltern, denen man dort begegnet wünscht man wirklich keinem und ich habe Marla deutlich besser verstanden und wirklich Mitleid mit ihr gehabt. Der Roman hat für mich die Botschaft vermittelt, dass man endlich anfangen muss sein eigenes Leben zu leben und sich nicht in irgendwelche finanziellen und emotionalen Abhängigkeiten bringen, die sowieso nicht für einen gut sind.

FAZIT:
Das Buch, welches ich eher als Erzählung bezeichnen würde, ist sehr kurzweilig und gerät leider schnell wieder in Vergessenheit, da mir einfach ein roter Faden gefehlt hat. Mit dem Bild von Berlin konnte ich auch nicht so viel anfangen, auch wenn ich nicht ausschließen möchte, dass in einigen Kreisen so läuft. Dennoch habe ich Marla als authentische Protagonistin empfunden, über die ich gerne mehr erfahren hätte.

Ich vergebe 3 von 5 Sternen.