Rezension

Lotte in Weimar - Klaus in Düsseldorf

Königsallee - Hans Pleschinski

Königsallee
von Hans Pleschinski

Bewertet mit 3 Sternen

Thomas Mann lässt die alt gewordene Lotte ihren ehemaligen Verehrer Goethe in Weimar besuchen; Hans Pleschinski lässt den 79-jährigen Thomas Mann auf Klaus Heuser treffen, einen Mann, in den er sich vor vielen Jahren verliebt hat und der zum Vorbild seiner Romanfigur Joseph wurde. Realität: Thomas Mann ist nach vielen Jahren in Amerika nach Europa zurückgekehrt und hat eine Lesereise durch Deutschland unternommen, in deren Verlauf er auch Düsseldorf besuchte. Fiktion: Zwar traf er hier die Eltern von Klaus, doch der befand sich noch in Fernost - die beiden sind sich nicht mehr begegnet.

Pleschinski schildert, was zwar nicht war, aber hätte sein können. Thomas Mann und seine Frau steigen mit großem Gepäck im Hotel ab und bewohnen die extra hergerichtete Luxussuite. Heuser und sein Gefährte Anwar werden mit ihrem Wunsch nach einem Doppelzimmer ins Dachgeschoss verbannt. Manns Tochter Erika entdeckt Heusers Anwesenheit und beschwört ihn, den alten Vater vor Gefühlsausbrüchen zu schonen und sich nicht sehen zu lassen; Ernst Bertram, der Thomas Mann viel Hintergrundwissen für dessen Romane lieferte, ist der Nazi-Ideologie gefolgt und wünscht nun Vermittlung zur Versöhnung mit dem erzürnten Schriftsteller; Golo Mann bittet Heuser, dem berühmten Vater sein neues Buch anzupreisen und ihm so Wertschätzung zu sichern. Lange Gespräche mit vielen Anspielungen bringen dem Leser die Protagonisten näher. Gleichzeitig zeichnet Pleschinski ein Bild des Nachkriegsdeutschlands mit Elementen wie Verleugnung der Vergangenheit, sich Einrichten in einer gemütlichen Gegenwart und Aufbauplänen.

Wie bei "Menschen im Hotel" tritt neben den Hauptakteuren ein bunter Reigen von Nebenfiguren auf, von denen viele bei Thomas Mann entlehnt sind: Der Liftboy Armand, der kleine Herr Friedemann, die schwarzgekleidete Dame, die die Tür zuschmettert... Die vielen Anspielungen auf Manns Werk habe ich genossen, auch wenn ich vermutlich nicht alle entdeckt habe. Für die Hinweise auf Manns Leben fehlt mir das Hintergrundwissen über seine Biographie. Und so kann ich dieses Werk vermutlich nicht in seiner Fülle wertschätzen und fand es daher oft langatmig und weitschweifend. Dieser Stil mag gleichfalls eine Reminiszenz an Mann sein, mich hat er leider nicht angesprochen.