Rezension

Lügengespinst

Tod in den Karawanken - Andrea Nagele

Tod in den Karawanken
von Andrea Nagele

Bewertet mit 4.5 Sternen

Andrea Nageles Bücher sind keine Krimis, deren Handlung sich in Mord – Spurensuche – Aufklärung erschöpfen. Sie schreibt psychologisch fein abgestimmte Dramen, die Menschen in Situationen zeigen, in denen der Alltag ins Wanken gerät.
Lilo, Gymnasiallehrerin hat ein Sabbatjahr genommen, sie braucht eine Auszeit, ihre Ehe scheint brüchig, die heftig pubertierende Tochter raubt ihr die Nerven, dazu kommt eine Bedrohung, die direkt aus der Vergangenheit aufgetaucht ist.
Als Lena, ihre Tochter, nicht wie vereinbart, mit dem Bus ankommt, macht sich Lilo erst noch keine Gedanken, es ist nicht das erste Mal, das Lena einfach nicht auftaucht. Aber ihr Mann Hanno reagiert panisch und bittet den gemeinsamen Schulfreund Simon Rosner, die Suche nach Lena zu starten. Rosner, ein Kriminalbeamter ist wegen seiner Alkoholsucht in einer Entzugsklinik und hat nur wenig Lust sich einzumischen. Lilo konnte er schon zur gemeinsamen Schulzeit nicht recht leiden, aber Hanno zuliebe, lässt er sich überreden. Aber Lena ist schon wieder da, sie hat einfach eine Nacht bei ihrem neuen Freund verbracht.
Aber damit beginnt der eigentliche Nervenkrieg, alle haben mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen und nur sehr langsam kommt Licht ins Dunkel.
Das ist die Kunst der Autorin, sie lässt ihren Figuren tief in die Seele blicken. Dadurch erreicht sie eine Spannung, die keine vordergründigen Aktionen mehr braucht. Es ist der leise Schrecken alter Geheimnisse und unausgesprochener Lügen, die den Sog des Buches ausmachen. Die Autorin arbeitet auch als Psychotherapeutin, das spürt man in der Beschreibung der Charaktere, tiefgründige, vielschichte Personen, deren Handlungen nicht einfach in „Gut“ und „Böse“ einzuordnen sind.
Ein tolles Buch, spannend bis zur letzten Seite, wirkt es noch lange nach.