Rezension

Magisch, verschlungen, vielschichtig

Eine allgemeine Theorie des Vergessens - José Eduardo Agualusa

Eine allgemeine Theorie des Vergessens
von José Eduardo Agualusa

Bewertet mit 5 Sternen

~~José Eduardo Agualusa’s Roman “Eine allgemeine Theorie des Vergessens” ist eine vielschichtige Erzählung. Trotz seiner nicht mal 200 Seiten packt er einiges an unterschiedlichen Handlungen und Sichtweisen in diese Geschichte. Ludovica ist zwar die Hauptfigur, doch es erscheinen auch zahlreiche Nebenfiguren auf. Bei der Kürze des Romans möchte man meinen das sei nicht sehr stimmig. Doch weit gefehlt! Die einzelnen Komponenten verweben sich wunderbar miteinander. Denkt man erst, was hat Ludovia nun mit all dem zu schaffen, so verwebt sich die Geschichte Seite um Seite und fügt sich am Ende zu einem wunderbaren Großen und Ganzen zusammen.

Ludovica scheint Zeit ihres Lebens menschenscheu und zurückgezogen gelebt zu haben. Natürlich stellt man sich da als erstes die Frage Warum? Warum scheut Ludovica die Menschen, geht nie vor die Tür, kapselt sich ab?  Am Tag vor der Revolution hat sie dann auch noch dieses einschneidende Erlebnis mit dem Einbrecher, der sie dazu treibt sich in ihren vier Wänden einzumauern. Nur ein treuer vierbeiniger Gefährte steht ihr in den nächsten Jahren zur Seite. Ihr einziges Zugeständnis an die Freiheit ist die Dachterrasse. Von dort blickt sie in den nächsten Jahren hinab auf die Stadt. Sieht die Veränderung in den Straßen und die Veränderung der Menschen. Sie sieht viel von dort oben, die Leute unten sehen sie nicht. Als Nahrung dient ihr selbstgezogenes Gemüse, eine kleine Hühnerzucht und Tauben, die ihr in die Falle gehen. So vergehen die Jahre und für Ludovica ist es nicht immer leicht. Der Hunger quält sie, und um die Einsamkeit zu vergessen schreibt sie die Wände in ihrer Wohnung voll. Als sie eine alte Frau ist, meint sie schon still und heimlich zu sterben, ohne dass sie jemals wieder von einem menschlichen Wesen gesehen wird. Doch dann ändert ein Unfall plötzlich alles….

Über 30 Jahre begleitet man Ludovica so durch ihr einsames Exil. Erlebt ihre Verzweiflung, ihre Neugier und ihren Mut. Erlebt ihre jagt nach Nahrung und  die Auswirkung dazu im Verlauf der Geschichte. Alles beginnt mit Ludovica. Sie ist Dreh und Angelpunkt mit dem was nach und nach in der Geschichte passiert. Auch wenn sie nur als Anstoß dafür zu gelten hat. Jede Begegnung und Tat der Nebencharaktere wäre aber nicht möglich, hätte es diesen Beginn durch Ludovica nicht gegeben. Das ist etwas knifflig, denn die Zusammenhänge erschließen sich dem Leser nicht sofort. Erst nach und nach eröffnen sich einem die Verbindungen untereinander. Ein Land in der Revolution, das ist aufwühlend, da gibt es viele Täter und noch mehr Opfer. Auch dieses Zusammenspiel ist Teil der Geschichte und fügt sich in den Nebencharakteren in die Handlung mit ein.

Sprachlich hat mir der Roman sehr gefallen. Kurze Kapitel wechseln sich mit Tagebucheinträgen, Versen und Rückblicken ab. Das Cover versprüht durch seine kräftigen Farben Lebensfreude. Welche man den Nebencharaktere trotz der harten Zeit die sie durchwandern durchaus anmerkt.

Mein Fazit:

Ein literarisch gelungenes Werk, welches mir wunderschöne Lesemomente beschert hat. Immer mal wieder, muss man über gelesenes nachdenken, es verarbeiten,  um sich dann wieder ganz in der Geschichte zu verlieren!