Rezension

Man ist sich selber seines Glückes Schmied

Die zwei Leben der Florence Grace - Tracy Rees

Die zwei Leben der Florence Grace
von Tracy Rees

Autor: Tracy Rees
Erscheinungstag 7. April 2017
Verlag: List-Verlag (Paperback)
Seiten: 460

Inhalt (übernommen)
Die Waise Florrie Buckley wächst in Armut bei ihrer Großmutter in den weiten Mooren Cornwalls auf. Kurz vor ihrem Tod offenbart die alte Frau das Geheimnis ihrer Herkunft: Florrie ist Teil der reichen Grace-Familie. Nur widerwillig wird sie von dieser aufgenommen und muss in das viktorianische London ziehen. Dort ist ihr lediglich der vermeintliche Cousin Turlington ein Freund. Über Jahre entwickeln sich zwischen beiden leidenschaftliche Gefühle. Aber der charismatische Turlington hat dunkle Geheimnisse.

Charaktere
Die Hauptcharakter ist zweifelsohne Florrie - in ihrem zweiten Leben bei ihrem richtigen Namen Florence genannt. Aus ihrer Sicht erzählt Tracy Rees ihre Geschichte. Wir lernen sie als 13-jähriges Mädchen kennen, das mit ihrem Leben rundum zufrieden ist. Trotz dem sie Waise ist, jeden Tag hart arbeiten muss, ist sie bei ihrer Großmutter und in dem kleinen Dorf in Cornwall glücklich. Manchesmal fühlt sie sich missverstanden, da Florrie eine Gabe hat, die ihre Freunde nicht mit ihr teilen: Sie kann Menschen auf den ersten Blick sehr gut einschätzen.
Wir dürfen mit Florrie erwachsen werden. Nach dem Umzug nach London, versucht sie, sich ihre "Wildheit" zu bewahren, merkt aber relativ schnell, dass sie besser mit ihrem neuen Leben zurecht kommt, wenn sie sich einigermaßen anpasst. Sie beschreibt das sehr gut selber: In Cornwall war sie Florrie und in London wird sie plötzlich zu Florence, die sich aber im Herzen immer noch ein kleines bisschen Florrie bewahrt hat.
Manchesmal hat sie ihre Meinung für mich zu schnell geändert, was für mich als Leser ein kleines bisschen verwirrend war. Aber alles in allem habe ich sie in mein Herz geschlossen und mit ihr mitgefiebert, dass alles gut ausgeht.

Als zweites möchte noch näher auf Turlington eingehen, der ebenfalls in Florries Leben eine zentrale Rolle gespielt hat. Die beiden haben sich relativ schnell und in jungen Jahren zueinander hingezogen gefühlt. Turlington allerdings war für Florrie ein unbeständiger Begleiter, das sich immer wieder in ein schwarzes Loch hat stürzen lassen. Bei ihm bin ich zwischen "armer Kerl" und "das geht gar nicht" geschwankt.
Leider hat das Mitleid gegen Ende immer mehr abgenommen, für mich war er ein schwacher Charakter, der einfach nicht anders wollte.

Den Rest der Familie Grace war, wie man sich reiche Familien im England Ende des 19. Jahrhunderts vorstellt und ohne Überraschung: Eine strenge, fast böse Tante, der ein lieber, empathischer Onkel gegenüber stand und ein Großvater als Familienpatriarch, der mit seiner Macht die komplette Familie zusammenhält.

Schreibstil
Tracy Rees hat mit Ihrem Ich-Schreibstil einen Weg gefunden, dass ich mitten in der Geschichte war. Auch eine teilweise außergewöhnliche Wortwahl hat dazu beitragen, dass die Sprache nicht vor sich hingedümpelt ist. Leider muss ich sagen, dass ich machmal Probleme hatte, zu folgen, wo ich mich gerade beim Lesen befinde: Einmal erzählte Florrie, dass sie schon umgezogen ist, zwei Seiten später erzählt sie erst, wie schwer ihr der Abschied vom alten Heim gefallen ist.
Positiv erwähnen möchte ich den Schluss, der anders ausgefallen ist, wie man vielleicht von Anfang an vermutet. Aber genau dieser Schluss war es, der mich vollends überzeugt hat und der dem Leser eine schöne Botschaft mitgibt (Leider kann ich ohne zu spoilern nicht mehr dazu sagen).

Fazit
Für alle, die historische Romane mit einer starken Hauptprotagonistin mögen, sollten sich dieses Buch auf jeden Fall genauer ansehen.