Rezension

Metaphorisch

Seemann vom Siebener -

Seemann vom Siebener
von Arno Frank

Bewertet mit 5 Sternen

Wer wagt, gewinnt!

Ich habe den Roman aufgrund einer Literaturempfehlung in einer Regionalzeitung gelesen. Ich möchte auch nicht weiter auf den Inhalt eingehen; er ist auf dem Klappentext nachlesbar bzw. wird hier von anderen referiert. Der Roman ist in 3 große Kapitel unterteilt. Die Figuren werden nach und nach eingeführt. Dreh- und Angelpunkt des Geschehens, damals und heute, ist das Freibad in Ottersweiler.

Sprache: ein buntes, stets variierendes Portfolio aus Umgangs- und Fäkalsprache, hessischem Dialekt (nett: 'Schackeline' für Jaqueline) (schöne Wortschöpfung 'freibadweiten Durchsagen', S. 50) sowie Poesie ('Kiontke nimmt die Hand seiner Mutter: 'Aus der Pranke, mit der sie ihm mehr als einmal einen Scheitel gezogen hatte, war ein Bündel trockener Zweige geworden', S. 172) und tiefschürfender Metaphorik ('Aber überall hängt das Fleisch von ihr herab wie der Wachs von einer Kerze', S. 56) oder ('...als hätten sie nicht beide, eigene entgegengesetzte Leben gelebt. Wie Parallelen, die sich nie kreuzen', S. 213). Die ein oder andere Metapher misslingt ('Licht fällt in ihr Gedächtnis wie eine Münze aus heiterem Himmel', S. 146, besser: Licht fällt in ihr Gedächtnis wie der Sonnenstrahl in einen dunklen Raum, in dem man im Sommer eine Türe öffnet, z.B.). Der Sprachstil entspricht den Charakteren, man beachte bei dem folgenden Beispiel auch die antiquierte Schreibweise: 'Isobel [Lehrerin a.D. ]erschrickt nicht einmal mehr, wenn sie aus einer ihrer milden Absencen zurückgeholt wird', S. 76. Ein Buch, das man in einem Zug auslesen möchte und das wahrscheinlich auch tut.

Als Leser nimmt man quasi aktiv am täglichen Geschehen, den Aktivitäten eines Bademeisters teil, sehr plastisch. Arno Frank kann gut und involvierend erzählen und ihm gelingt es auch, bisweilen Spannung aufzubauen: 'Als aber dann wirklich mal etwas passierte, konnte er nichts tun', S. 51. Wie in einem Puzzlespiel werden die Verbindungen der Personen untereinander häppchenweise gelegt. Erst auf Seite 142 erfahren wir, dass die Protagonistin weiblich ist. Humor ist auch vorhanden.

Der Roman ist gelungen konstruiert via zahlreichen verbindenden Elementen. Wie im wirklichen Leben ist alles mit allem verwoben: Der Heimatort Ottersweiler, an dem man sich noch befindet oder dorthin zurückkehrt Das Freibad ('eine bergende Einfriedung', S. 222, der Schutzraum der Bewohner Ottersweilers), in dem man sich trifft. Die Linde als Zentrum des Freibades mit einer ausgeprägten Symbolik als Zeichen von Frieden, Treue, Gerechtigkeit, Gemeinsamkeit, Liebe (die herzförmigen Blätter). Ein typischer Versammlungsbaum, der viele Orte ziert, schon bei den Germanen fanden Gerichtsversammlungen unter der Linde statt. 'Die Linde verlor ihre Blätter und gestikulierte mit ihren Armen melodramatisch gegen die Böen der Herbststürme an' , S. 223. Hier personifiziert Frank den Baum und greift typische Lebensmetaphern auf, die Menschen treffen im Herbst ihres Lebens wieder aufeinander, gebeutelt von den Stürmen und auch Dramen ihrer individuellen Leben und auch der gemeinsamen sie verbindendenen (Dorf-)Geschichte. Zu den verbindenden Elementen gehören weiterhin Max und sein Tod, die Spedition Brinkmann, die Kneipe 'Der Ochse' und die Lehrerin Isobel Traut-heimer (Nomen est omen?), um nur einige zu nennen. Am Ende schließt sich der Kreis, Ende und Neuanfang, Tod und Leben, Resignation und Aufstehen und Krone richten, weitermachen, wie im wirklichen Leben liegt alles erschreckend nah beieinander und manchmal reicht es, wenn einer die Initiative ergreift, sicht TRAUT und...den Sprung endlich wagt.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und mit Sicherheit eignet es sich auch als Strandlektüre. Es lohnt sich auch, das Buch ein zweites Mal zur Hand zu nehmen, um den Anfängen noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken, wenn man die Personen/den Inhalt erst einmal kennt.