Rezension

Nicht ganz mein Fall

Bournville -

Bournville
von Jonathan Coe

Bewertet mit 3 Sternen

Mary erblickt 1934 in Bournville das Licht der Welt, das Städtchen, das sich mit der berühmten Cadburyschokolade einen Namen machen soll. Auch wenn sie nie weit aus ihrem Städtchen herauskommt, erlebt sie Weltgeschichte. Mal hautnah, mal im Fernsehen, mal wie nebenbei, während ihr eigenes Leben ganz neue Wendungen nimmt.

In sieben wichtigen Ereignissen führt der Autor durch die jüngere Geschichte Englands. Ich fand sie ganz gut ausgewählt, einige waren prägend für die ganze Welt, andere eher auf das Land selbst zugeschnitten. Über den Schokoladenkrieg wusste ich beispielsweise nicht viel, und fand dieses Kapitel sehr interessant. Anderes wie die Coronapandemie hat man selbst live erlebt und kann vieles nachvollziehen. Coe versucht anhand der Familie Lamb aufzuzeigen wie jeder einzelne die Geschehnisse erlebt haben könnte, das gerät mal mehr oder weniger überzeugend. Leider wurde ich mit der Geschichte insgesamt nicht so recht warm. Mary wird als Dreh- und Angelpunkt beworben, spielt aber für mein Empfinden gar nicht so eine große Rolle. Zudem gibt es eine Fülle an Familienmitgliedern, die dank Stammbaum im Roman zwar gut einzuordnen sind, die mir aber doch eher fremd blieben. Einzig Marys Sohn Peter ist mir als Figur etwas näher gekommen, der Rest blieb eher distanziert. Auch Coes Stil hat nicht so recht zu mir gepasst, er schreibt zwar locker, aber alles wirkt auf mich oberflächlich, oft wie emotionslos aufgezählt. Das ändert sich zum Ende hin etwas, kann meinen Gesamteindruck aber nicht wirklich verbessern. Da die gewählten Ereignisse oft viele Jahre auseinander liegen, ist auch die Geschichte der Familie Lamb zerrissen, z.T. fällt es schwer gedanklich wieder anzuknüpfen. Insgesamt hat der Roman meine Erwartungen nicht erfüllt, da mir Tiefe fehlte und auch die Familiengeschichte selbst nicht in Gänze überzeugen kann.