Rezension

Nichts für mich

Skarabäus und Schmetterling
von Elisabeth Büchle

Bewertet mit 2 Sternen

 Sarah Hoffmann begleitet im Jahr 1922 ihre Ziehmutter Alison Clifford nach Ägypten, wo sie nicht nur bei der Entdeckung des Grabes Tutanchamuns dabei sein kann, sondern auch in große Gefahr gerät. Viele Jahre später wird die Familie ihrer Nachfahrin Rahel Höfling des Schmuggels von Tutanchamun-Artefakten verdächtigt und auch Rahel sieht sich plötzlich im Zentrum gefährlicher Ereignisse.

Elisabeth Büchle erzählt in drei Zeitebenen: In Prolog und Epilog geht es in das Alte Ägypten, gut 1.300 Jahre vor Christus, in Teil 1 werden Sarahs Erlebnisse erzählt und in Teil 2 dann die von Rahel. Während Prolog und Epilog nur jeweils wenige Seiten kurz sind, teilen die beiden anderen Teile den Rest der fast 600 Seiten jeweils ca. hälftig unter sich auf.

 

Zumindest von Teil 1 hatte ich einen gut recherchierten historischen Roman erwartet (und auch das, im Übrigen sehr schöne Cover, unterstützt diese Vermutung). Allerdings scheint es mit der Recherche nicht allzu weit her zu sein. Die Auflösung in Teil 1 ist meiner Meinung nach so gar nicht möglich. Jemand, der sich mit der damaligen Zeit etwas auskennt (die Geschehnisse um die es geht, beginnen kurz nach Ende der viktorianischen Epoche!), sollte zumindest Zweifel daran bekommen (leider kann ich nicht näher darauf eingehen, ich möchte nicht spoilern). Von mir darauf angesprochen, zog die Autorin die „Fiktionskarte“, für mich ein Zeichen, dass tatsächlich in dieser Sache nicht ausreichend recherchiert wurde. Wenn die Auflösung schon an den Haaren herbeigezogen ist und damit einfach nur enttäuschend, dann ist für mich in der Regel die ganze Geschichte kaputt, spätestens hier hatte der Roman bei mir verloren.

An historischen Romanen mag ich, dass ich in der Regel noch etwas dazu lernen kann. Hier werden wir z. B. Zeugen eines sehr bekannten Ereignisses – und erfahren im Grunde nicht mehr als das, was man sich auch in wenigen Minuten bei Wikipedia anlesen könnte (wenn man es nicht sowieso schon weiß). Hier habe ich wohl zu viel erwartet …

Beide Teile könnte man auch unter das Genre Thriller fassen, zumindest vom Plot her, nicht aber von der tatsächlichen Erzählung, denn spannend oder atemberaubend ist die Erzählung nicht. Sie zieht sich und zieht sich und ist insgesamt viel zu lang, vor allem Teil 2 hätte man auf mindestens die Hälfte kürzen können ohne Substanzverlust. Beide Teile sind sich zudem in Vielem sehr ähnlich, in beiden gibt es eine "zarte" junge Frau, die aus zunächst unerklärlichen Gründen in Gefahr gerät, es werden Anschläge ausgeführt, ohne dass sie oder der Leser es sich erklären könnten. In beiden tritt ein gut aussehender aber geheimnisvoller Mann auf, zwischen dem und der „zarten“ Frau bald zärtliche Gefühle entstehen, in beiden Fällen gibt es aber Gründe, die gegen eine Beziehung sprechen (klingt schon sehr nach einem kitschigen Frauenroman, oder?).

Für meinen Geschmack ist der Romantikanteil deutlich zu hoch, ich hätte mir den Fokus mehr auf dem historischen Part bzw. auf der Spannung gewünscht. Auch handeln die Charaktere in meinen Augen nicht immer logisch oder authentisch (ein Beispiel wäre ein Attentat in Zusammenhang mit Zwangsheirat, das ich mir einfach nicht logisch erklären kann). Die ständigen Anschläge wirken auf mich nicht spannend, sondern ermüdend, hier wäre weniger mehr gewesen. Der Roman verführte mich immer öfter zum Querlesen, was allein schon sehr gegen ihn spricht.

Die Hauptcharaktere sind teils stereotyp, klischeehaft, die Frauen sind zart und scheu, aber trotzdem irgendwie stark (weil Gott sie lenkt und leitet), die Männer sind stark, geheimnisvoll und die Beschützer der Frauen (klingt auch sehr nach einem kitschigen Frauenroman, oder?) Und auch hier gibt es meiner Meinung nach Recherchemängel: Sarah z. B. ist ausgebildete und examinierte Krankenschwester, doch wie hat sie das nur geschafft, bei ihrer Zartheit und Scheu und wo hat sie die Ausbildung genossen? In einem Krankenhaus? Krankenschwestern, zumal in der damaligen Zeit, müssen zupacken können und scheu dürfen sie auch nicht sein. Alison Clifford hätte sie doch auch als Gesellschafterin begleiten können, das hätte für die Geschichte vollkommen ausgereicht.

Die Nebencharaktere sind zum Teil ansprechender gestaltet, besonders gefallen haben mir Alison Clifford, auch wenn man aus dieser starken Frau noch mehr hätte herausholen können. Ich habe mich auch gefragt, warum ihre Art kaum Auswirkungen auf Sarah hatte, obwohl sie sie doch erzogen hat. Gut gefallen haben mir auch Falk und Daniel aus Teil 2, auch wenn Falk, der für den Humor Zuständige, diesen oft überspannt hat.

Wie oben schon erwähnt: Der christliche Gott spielt in diesem Roman tatsächlich eine große Rolle, alle (zumindest die „guten“) Charaktere sind sehr gläubig, beten viel, legen ihr Schicksal in Gottes Hände und vertrauen auf Gottes Plan, sogenannte christliche Werte werden ausgiebig thematisiert. Mich nervt das, ich will das in einem Roman nicht lesen, schon gar nicht in diesem Umfang.

Für Fans von Elisabeth Büchle ist es sicher schön, dass in diesem Roman Charaktere aus früheren Romanen auftauchen, für mich war es zumindest zeitweise etwas irritierend, weil ich Anspielungen nicht verstanden habe, wirklich störend ist es aber nicht.

In meinen Augen ist der Roman ein, zumindest inhaltlich, leichtgewichtiger Frauenroman, bei dem die Genres „historisch“ und „Thriller“ nur vorgeschoben sind. Damit falle ich so gar nicht in die Zielgruppe, was vielleicht auch erklärt, warum mir der Roman nicht gefallen hat. Ich war froh, als ich ihn endlich ausgelesen hatte und werde wohl keinen weiteren Roman der Autorin lesen. Empfehlen kann ich ihn leider auch nicht.

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 18. Mai 2015 um 23:36

Hallo,

mir ging es fast ebenso wie Dir - allerdings fand ich die WW I Trilogie von E. Büchle wirklich sehr gut - dagegen ist dieser Roman alles andere als gelungen (auch in meinen Augen).

Der Verlag ist ein christlicher, weshalb auch die Anspielungen auf den Glauben hier sehr oft thematisch zum Zuge kommen - auch ein Punkt, in dem ich Dir zustimme (auch wenn ich gläubige Protestantin bin, aber in einem Roman sollten diese Glaubensfragen und religiösen Einflüsse nicht so sehr im Vordergrund stehen...

Liebe Grüße!

Brocéliande