Rezension

Phantasievolles Durcheinander

GREEN NET - Wilfried von Manstein

Green Net
von Wilfried von Manstein

Bewertet mit 3 Sternen

In einer einfarbig gezeichneten Welt, regiert von gegenseitiger Zerstörung, leuchten Heldentum und Hoffnung glänzend aus entlegenen Winkeln hervor. Vermittler zwischen Menschen- und Pflanzenwelt, Mediatoren mit der Funktion, den Frieden wiederherzustellen und somit die Existenz allen Lebens auf Erden aufrechtzuerhalten.

Beinahe seit es den Menschen gibt, treibt er Schabernack mit der Natur, nutzt sie für seine Zwecke, sieht tatenlos zu, wie sie allmählich verwelkt. Nun bietet sich den Pflanzen plötzlich eine Möglichkeit der Rache. Wer könnte es ihnen verübeln? Schaffen sie es, den Spieß umzudrehen und die Menschheit für ihre Taten zu bestrafen?

Green Net verkörpert meine persönliche Auffassung von „seiner Kreativität freien Lauf lassen“. Der Roman ist eine Mischung aus Naturschutz-Demo, Science-Fiction-Zeitspiel, Dschungelbuch und Fantasy mit Drachen und sprechenden Pflanzen. Es werden Unmengen unterschiedlichster Ideen häppchenweise eingearbeitet, wobei einige lediglich oberflächlich angerissen werden und manchmal Verwirrung hervorrufen. Dadurch wirkt das Ganze etwas überladen und die einzelnen kreativen Bruchstücke erhalten kaum die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich verdient hätten.

Die Handlung empfand ich zunächst als vielversprechend, mir gefiel insbesondere das Geheimnisvolle und die Atmosphäre, die ich tatsächlich als „grün“ bezeichnen würde. Mit der Zeit machen diese Komponenten allerdings anderen Platz; es wird hin und wieder theatermäßig komödiantisch, ganz wie in einem Zeichentrickfilm. Dazu unpassend, empfinde ich den allgemeinen Erzählton als hauptsächlich negativ: ein Tadel nach dem anderen, mal mehr, mal weniger subtil, stört die Szenerie. Angeprangert werden häufiges Fluchen, übermäßige Smartphone-Nutzung, Völlerei, Tierversuche, allgemeine Umweltverschmutzung und so weiter. Meiner Meinung nach wäre der Effekt größer gewesen, wären die Leser nicht geradezu mit Vorwürfen an die Menschheit beschossen worden.
Ich hätte mir hier einen objektiveren Erzähler gewünscht, der Handlung das Feld überlassend.

Der Schreibstil an sich ist hingegen relativ zurückhaltend, was mir durchaus gefällt – der Autor bedient sich einiger witziger Wortspielereien, ohne jemals rhetorisch kompliziert zu werden. Allerdings fielen mir, als offenbar bevorzugtes Stilmittel, einige längere Aufzählungen auf. Diese waren augenscheinlich unsortiert und lasen sich eher wie Einkaufszettel, wodurch der Lesefluss ein wenig unterbrochen wurde.

Den Figuren merkt man an, dass sie einer liebevollen Feder entspringen. Sie sind nicht gleichbleibend und hundertprozentig in sich schlüssig, aber das sind auch reale Menschen selten. An dem stereotypisierten Bösewicht Podoll, ein gedanklich und sprachlich auf Fäkalien fokussierter Mann, wird eigentlich kein gutes Haar gelassen. Aus der Intensität, mit der er gezeichnet wird, spricht aber mindestens so viel gestalterischer Spaß wie bei den glorreichen Helden der Geschichte (wenn nicht sogar noch mehr).

Zusammenfassend enthält der Roman einige vielversprechende, teilweise lustige und phantasievolle Ideen, für deren Entfaltung der Platz scheinbar nicht gereicht hat. Die Figuren sind einfach, aber liebenswert gestaltet. Die moralischen Absichten des Autors sind nobel:
Der Mensch sollte auch Pflanzen und Insekten nicht skrupellos und arrogant ausbeuten dürfen. Man sollte die Bedürfnisse der Menschheit nicht so einfach über jene der Natur stellen. Und so weiter.
Insgesamt wirkte die Handlung, die ganze Atmosphäre auf mich jedoch etwas überladen und überfordernd.