Rezension

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Poetisch-PhiloSophisch.

Serienunikat
von Chantal-Fleur Sandjon

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ann-Sophie zieht es für ihr Pharmazie-Studium in die große Stadt Berlin. Zurück lässt sie ihre Eltern und Freund Titus und mit ihnen deren Träume, Erwartungen und schließlich auch ihre eigene 'Unsichtbarkeit'. Sie lernt neue Leute kennen, die wahrscheinlich unterschiedlicher nicht sein könnten. Zusammen gründen sie eine bunt zusammengewürfelte WG. Auf geht es für Ann-Sophie ins Unbekannte: Ein Sprung ins kalte Wasser der Veränderungen, Fehltritte und der Selbst(-neu-er-)findung.

Die Sprache hat mich sofort in die Geschichte hineingezogen. Das führte auf so mancher Bahnfahrt dazu, dass ich erstaunt aufblickte und mich wunderte, wie ich plötzlich schon am Ziel sein konnte. Sicherlich werde ich in den nächsten Tagen des Öfteren enttäuscht feststellen, dass ich das Buch bereits durchgelesen habe... Abgesehen davon ist die poetisch anmutende Sprache eine Quelle vieler potenzieller Zitate, was mir, da ich neuerdings Zitate sammele, sehr entgegenkommt. 
Die Geschichte an sich erzählt nichts Neues, aber wie das mit Büchern wie "Serienunikat" nun mal ist, wechselt sie in der Stimmung immer mal wieder zwischen unterhaltsam und nachdenklich und findet hier ihre Stärken. 

Alle wichtigen Charaktere sind durchweg sympathisch. Dass die WG sich zu einer Clique à la How I Met Your Mother oder Friends (nicht wegen der Charaktere, sondern des Zusammengehörigkeitsgefühls, usw.) entwickelt, gehört ebenfalls zu meinen Highlights. Es wird Ann-Sophie erst gegen Ende so richtig klar, dass sie eher zufällig auf Menschen getroffen ist, mit denen sie bei Bedarf Pferde (oder auch Hühner) stehlen kann. Das ist zwar nicht die ultimative Selbsterkenntnis - aber sie hat Menschen um sich, mit denen sie sich entwickeln kann und möchte und damit ihren Platz in Berlin gefunden.

Der einzige winzige Kritikpunkt, der mir einfällt, ist, dass die Thematik des Drogenkonsums ein wenig zu kurz gekommen ist, wenn man bedenkt, wie oft sie eine Rolle spielt. Auch die Essstörung von Ann-Sophies Mitbewohnerin Catchy hätte näherer Auseinandersetzung bedurft. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass gerade Letzteres andeuten soll, dass zwar das Buch, nicht aber die Geschichte zu Ende ist und das WG-Leben weiterhin turbulent bleibt. Daher: Winzig.

 

"Serienunikat" handelt von der Selbstfindung inmitten der schier unendlichen Masse an Möglichkeiten, die Menschen in den Zwanzigern heute zur Verfügung stehen. Es ist sicher kein schockierend bahnbrechender Roman, der ein völlig neues Thema behandelt,  aber das ist höchstwahrscheinlich auch kein Anspruch, den das Buch erfüllen will. Es zeigt Ausschnitte eines möglichen Lebens voller Irrungen, Wirrungen und verrückter Aktionen.
Alles in allem ist es ein gelungenes und unterhaltsames Erstlingswerk. Allein der Schreibstil der Autorin ist es wert, das Buch zu lesen.