Rückzug ins Private
Bewertet mit 2 Sternen
Dieses Buch ist in sprachlicher Hinsicht sehr besonders. Es ist weniger ein Roman als eine Aneinanderreihung von Gedankenfetzen und lyrisch angehauchten Beobachtungen. Die Geschichte beschränkt sich im Großen und Ganzen auf den Klappentext: eine Frau bekommt ein Kind, während über Großbritannien eine Naturkatastrophe hereinbricht. Ist aber quasi egal, weil die Frau ab da ohnehin nur noch mit ihrem Kind beschäftigt ist. Da werden nicht mal mehr Nachrichten geguckt, Menschen sterben und hungern – egal, sollen andere sich drum kümmern. Irgendwelche Männer, zum Beispiel.
„Ich sage, es ist erbärmlich, sich mal wieder darauf zu verlassen, dass uns Männer transportieren. Ich sage es, aber ich empfinde es nicht.“ (S. 119)
Das ist dem Leser an der Stelle schon klar. Die Liebe der Mutter zu ihrem Kind wird sehr eindrücklich und poetisch geschildert, aber die ganze Welt schrumpft darauf zusammen. Nicht ein Charakter wird auch nur ansatzweise ausgearbeitet, sie sind alle nur Mittel zum Zweck. Am Ende scheint dann alles wieder aufwärts zu gehen, haben sich wohl die Männer drum gekümmert.
„Die Schwangerschaft war das größte Abenteuer, scheint mir jetzt. Die größte Heldentat.“ (S. 144)
Für sie vielleicht, gesamtgesellschaftlich eher nicht. Am Ende sind Mutter und Kind dann wieder mit dem Vater vereint. Also alles gut, Kleinfamilie intakt.
Ich lese wahnsinnig gern Dystopien, weil ich es spannend finde, wie sich soziale Gefüge und Regeln ändern können, wie eine Zivilisation kippen kann, wie neue Formen des Zusammenlebens entstehen, wie man sich seine Menschlichkeit bewahrt oder auch nicht. Hier geht’s aber nur um MamaPapaKind, mit klarer Rollentrennung.