Rezension

Schelmisch kritischer Blick hinter die Kulissen des Literaturbetriebes

Das geheime Leben des Monsieur Pick - David Foenkinos

Das geheime Leben des Monsieur Pick
von David Foenkinos

Bewertet mit 4 Sternen

David Foenkinos entführt den Leser in seinem neuen Roman „Das geheime Leben des Monsieur Pick“ in die faszinierende Welt der Bücher, Verlage und Schriftsteller und wirft dabei einen schelmisch kritischen Blick hinter die Kulissen des Literaturbetriebes.

Die Geschichte beginnt in einem kleinen, malerisch abgelegenen  Ort im bretonischen Finistère. Hier in Crozon, am sogenannten „Ende der Welt“, gründet Jean-Pierre Gourvec als Leiter der örtlichen Gemeindebücherei sein Lebenswerk: Eine Bibliothek der abgelehnten Manuskripte. Enttäuschte Autoren aus allen Himmelsrichtungen pilgern seitdem  nach Crozon, um ihre gescheiterten Werke an diesem Ort gegen das Vergessen zu bewahren. Jahre später, Gourvec ist mittlerweile verstorben und sein Lebenswerk in Vergessenheit geraten, stöbert die aufstrebende Jung-Lektorin Delphine Despero zufällig in den verstaubten Regalen der Bibliothek und stößt dort auf ein Meisterwerk. Die geheimnisvolle Suche nach dem Autor wirbelt die Literaturwelt gehörig auf, sorgt im ruhigen Örtchen Crozon für helle Aufregung und beschert den Beteiligten so manche schicksalhafte Wendung…

Meinung

Foenkinos beweist mit diesem Roman, dass er ein Meister der leisen Töne und des unterschwelligen Humors ist. Mit viel französischem Charme und einer angenehmen Leichtigkeit entwickelt er nach und nach die verschiedenen Handlungsstränge, stellt zauberhaft-schrullige Charaktere aufs Tableau und überrascht immer wieder mit besonderen Kleinigkeiten.

Der Schreibstil des Autors hat mich sofort in seinen Bann gezogen - man liest die ersten Seiten und ist komplett in der Geschichte gefangen. Foenkinos hat eine ruhige und klare Sprache; er verzettelt sich nicht in Schachtelsätzen und schafft es dennoch, viel Poesie, Witz und Charakter in seine Worte zu legen. Seine Situations- und Personenbeschreibungen sind sehr liebevoll ausgearbeitet, aber auch voll leiser Ironie und perfekt gesetzten Spitzen, sodass man beim Lesen  regelrecht das Gefühl bekommt, er erzähle Geschichten über alte Bekannte oder die Nachbarn von nebenan. Brillant finde ich auch, wie Foenkinos zwischen den Zeilen den Literaturzirkus und Medienrummel bei der Vermarktung eines neuen „Meisterwerkes“ auf die Schippe nimmt und diese Welt aus Schein&Sein augenzwinkernd betrachtet.

Sehr ansprechend fand ich die kurzen Kapitel, da sich das Buch dadurch wie von selbst liest und auch die neun Teile des Romans halfen dabei, die Geschichte übersichtlich zu gestalten und Spannung aufzubauen. Ein ganz besonderes Highlight waren für mich die vielen Querverweise und Einschübe zu verschiedenen Büchern, Autoren und berühmten Persönlichkeiten, sowie die Fußnoten, welche humorvolle Randbemerkungen bereithalten. Das sind wirklich wunderbare Stilmittel, um diese mysteriöse Geschichte über die Welt der Literatur noch ein wenig authentischer wirken zu lassen. Chapeau!

Als einzigen Kritikpunkt möchte ich anbringen, dass sich die Handlung im Mittelteil ein wenig im Beziehungsgeflecht der Personen verliert und dadurch ein paar kleinere Längen aufweist. Wer darüber hinweg sehen kann, wird zum Ende hin mit einem erneuten Spannungsschub und einer fulminanten Auflösung belohnt!

Fazit

Foenkinos ist ein locker leichter, charmanter Roman gelungen, der mir viele vergnügliche Lesestunden bereitet hat und den ich uneingeschränkt allen Liebhabern französischer Erzählkunst empfehlen kann! Mir ist beim Lesen sehr oft der Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ in den Sinn gekommen… Trotz des hohen Unterhaltungswerts ist die Geschichte weder oberflächlich, noch seicht oder kitschig, sondern eine zauberhafte Hommage an die Welt der Bücher voll hintersinnigem Humor und scharfer Beobachtungsgabe.