Rezension

Schön aber durchschaubar

Die Nacht der Frauen - Katja Maybach

Die Nacht der Frauen
von Katja Maybach

Bewertet mit 3 Sternen

Dalia kann es sich eigentlich nicht vorstellen, noch einmal in ihre alte Heimatstadt, Wien, zurück zu kehren. Sie wollte ihren Vater nie wiedersehen. Ein wirklich gutes Verhältnis hatten die beiden noch nie, doch Dalia gibt ihm zudem die Schuld am Selbstmord ihrer Mutter. Sie erklärt sich dennoch, zunächst etwas widerwillig, bereit, einige Firmenunterlagen für ihn zu suchen, als er schwer krank in einer Klinik liegt. Sie konnte nicht ahnen, wie sehr diese Reise ihr Leben verändern würde..

Besonders gut gefallen an diesem Buch hat mir die eindrückliche Beschreibung der Beziehung, die die Protagonistin Dalia zu ihrem Mann hat. Eigentlich nur Nebenhandlung war das für mich das absolute Highlight. Zu Beginn hab ich die Beziehung noch eher zähneknirschend betrachtet. Dalia benahm sich nicht sehr eigenständig, wirkte geradezu abhängig vom Wohlwollen ihres Mannes. Umso besser hat es mir gefallen, dass sie sich alleine auf diese Reise begeben hat - und sie sogar verlängerte, obwohl es ihrem Mann nicht so wirklich gefiel. Die Beziehung wird von mehreren Seiten beleuchtet, irgendwann beginnt der Leser zu verstehen, warum die Dinge sind, wie sie eben sind. Umso mehr hat mir der Wandel gefallen, der während des Romans in Dalia vorging. Besser hätte man es meiner Meinung nach nicht umsetzen können!

Die Beschreibungen der Vergangenheit haben mich sehr viel mehr in ihren Bann gezogen als die Handlungen der Gegenwart - abgesehen von oben beschriebener Entwicklung natürlich. Die Autorin hat die Stimmung der damaligen Zeit gut auf Papier gebannt. Es herrscht eine eher bedrückte Stimmung, das Unglück, das Unheil, ist fast greifbar. Die Schwierigkeiten, die die Zeit der Judenverfolgung auch für deren Freunde mit sich brachte sind authentisch auf Papier gebannt.

Dalia ist im Begriff, ein großes Geheimnis der Vergangenheit zu lösen. Nur, dass dieses Geheimnis für mich eben kein Geheimnis war. Schon nach dem ersten Viertel war mir bewusst, auf welche Offenbarung die Handlung zusteuert. Am Ende musste ich leider Recht behalten, obwohl ich zwischenzeitlich immer wieder gehofft hatte, es würde sich in eine andere Richtung entwickeln. Das hat mir leider die Spannung genommen.

Geblieben ist ein atmosphärisch geschriebener Roman und Zeugnis einer großen Freundschaft, der auch ohne Spannung für mich noch lesenswert war.